KartenRäume / Mapping Worlds
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Herausgegeben von:
Ingrid Baumgärtner
und Martina Stercken
Die Reihe präsentiert neue interdisziplinäre Zugänge zur Kartographie der Vormoderne aus internationaler Perspektive. Im Zentrum stehen Karten als kulturelle Produkte: die Kontexte ihrer Herstellung und ihres Gebrauchs, ihre Bedeutung bei der Visualisierung und Ordnung von Wissen wie auch bei der Konstitution und Aneignung von Raum. Die im Double-Blind-Verfahren herausgegebene Reihe versammelt die Erträge einschlägiger Tagungen ebenso wie monographische Schriften.
Editorial Board:
Herbert Karner, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Christoph Mauntel, Universität Osnabrück
Nick Millea, Bodleian Library Oxford
Yossef Rapoport, Queen Mary University of London
Felicitas Schmieder, FU Hagen
Ute Schneider, Universität Duisburg-Essen
Die Oberharzer Markscheider nahmen als Vermessungsexperten im frühneuzeitlichen Bergbaubetrieb eine Schlüsselposition ein. Ihre Tätigkeitsfelder umfassten zusätzlich zur Raumerschließung unter und über Tage auch die technische Weiterentwicklung des Wasserwirtschaftssystems sowie des Maschinenwesens. Neben der Rekrutierung von geeigneten Lehrlingen aus dem In- und Ausland sowie der Entstehung von Lehrer-Schüler-Folgen im Oberharz wird die Verwissenschaftlichung der Markscheider-Ausbildung betrachtet, die schließlich am Ende des 18. Jahrhunderts in den Gründungen der europäischen Bergakademien resultierte. Im Zentrum stehen die Methoden und Dokumentationen der Markscheider in Text und Bild, die als wichtige Planungsinstrumente für die Bergbehörden sowie zur Visualisierung von Herrschafts- und Wirtschaftsräumen der Landesherren dienten. Die Studie analysiert erstmals die Bedeutung der Markscheider als zentrale Akteure in den Austauschbeziehungen zwischen den europäischen Bergbauregionen im 17. und 18. Jahrhundert. Neben Reisen rücken Migrationsbewegungen in den Fokus, denn die Markscheider waren eine hoch mobile Berufsgruppe, die auf dem gesamten europäischen Kontinent und darüber hinaus tätig war.
Seit einiger Zeit werden Karten als hybride Ordnung von Wissen in den Kontext der bildlichen wie auch schriftlichen Überlieferung ihrer Zeit gestellt und als Visualisierung, Konstitution und Aneignung von Raum erschlossen. Zugleich ist die Frage nach der politischen Bedeutung kartographischer Darstellungen in den Vordergrund gerückt. Damit werden nicht nur die Produktionsbedingungen von Karten in den Blick genommen, sondern auch ihre Rolle bei der Inszenierung von Machthabern sowie die vielfältigen Formen, in denen politische Ansprüche und Vorstellungen auf der Kartenoberfläche verortet werden. Der Band befasst sich erstmals systematischer und in interdisziplinärer Perspektive mit kartographischen Konzeptionen der Raumherrschaft Habsburgs im 16. und 17. Jahrhundert. Er gilt also einer Zeit, die durch den beeindruckenden, allerdings immer wieder in Frage gestellten Herrschaftsausbau der Habsburger und gleichzeitig durch eine Suche nach adäquaten Formen seiner Kartierung charakterisiert ist. Im Zentrum steht, wie die Karten dieser Zeit angelegt sind, um dem Ausmaß und der Qualität habsburgischer Herrschaft Ausdruck zu verleihen.
Die vorliegende Studie analysiert erstmals alle bekannten Polychronicon-Karten sowie ihre kodikologischen und inhaltlichen Kontexte. Ausgehend von Higdens Auffassung von Wissen wird erörtert, wie und warum hier geographische Angaben zur Abbildung gebracht wurden. Die zeitgenössische Praxis des Memorierens erweist sich dabei als wesentlicher Faktor bei der Konzeption der Karten, die weniger Hilfsmittel zum Erlernen von Geographie waren als Produkte angeeigneten Wissens. Sie tradieren ein mentales Bild der Welt, das auf der Lektüre des Polychronicon beruhte.