Linguistik – Impulse & Tendenzen
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Herausgegeben von:
Mathilde Hennig
, Wolf-Andreas Liebert , Konstanze Marx-Wischnowski und Thorsten Roelcke -
Begründet von:
Susanne Günthner
und Klaus-Peter Konerding
Mitbegründet von Klaus-Peter Konerding und Susanne Günthner
Die Buchreihe Linguistik – Impulse & Tendenzen (LIT) ist ein attraktives Forum für hochwertige Arbeiten zur Sprachwissenschaft – insbesondere zur germanistischen Linguistik. Sie sucht aktuelle Tendenzen aufzunehmen und widerzuspiegeln, gleichzeitig aber wegweisende Impulse für das Fach und seine weitere Entwicklung zu geben.
Ihr Fokus ist die synchrone Sprachwissenschaft mit all ihren Facetten. Die Reihe versammelt ebenso Arbeiten zur Pragmatik, Computerlinguistik und Grammatiktheorie wie zur Soziolinguistik, Fachsprachenforschung oder Textlinguistik. Ihre Leitlinien sind Innovativität, Transdisziplinarität und qualitative Exzellenz. Sie steht Monographien ebenso offen wie systematisch angelegten Sammel- und Tagungsbänden.
Zusatzmaterial
Fachgebiete
Diese Studie widmet sich der Frage, inwiefern die schriftbildliche Gestaltung (Zeichengestaltung, Anordnung, Hervorhebung etc.) grammatisch bedeutsam sein kann. Zur Beantwortung wird ein erweiterter kognitiv-grammatischer Ansatz gewählt und ein selbsterstelltes Korpus aus 1.317 Fotos von Lebensmittelverpackungen mithilfe der Software MAXQDA analysiert. Das Analyseverfahren basiert auf einer innovativen Kombination aus musterorientierter Kollektionsanalyse und der Adaption grammatischer Proben. Die Untersuchung offenbart erstens, dass Markennamen wie 'Coca-Cola', 'nutella' etc. multimodale Konstruktionen mit konstitutiver Schriftbildlichkeit sein können, sofern deren Gestaltung kognitiv verankert und interindividuell konventionell ist. Zweitens wird für Warennamen wie 'GUT & GÜNSTIG Knäckebrot Sesam' etc. die Wirkung diagrammatischer Ikonizität erarbeitet, wonach die musterhafte schriftbildliche Gestaltung die Komposition der einzelnen Komponenten eines Warennamens vereindeutigt. Drittens werden Zusammensetzungen mit nicht-verbalen Prädikaten wie 'mit 11% Sesam', 'ohne Rosinen' etc. als multimodale Konstruktionen herausgearbeitet, bei denen die musterhafte gestalterische Verknüpfung das Verständnis ebenfalls maßgeblich beeinflusst.
Durch sprachliche Handlungen können extremistische Ideologien geschaffen und potenziell beeinflussbare Personen erreicht werden. Um Muster der sprachlichen Realitätskonstituierung und das Indoktrinationspotenzial von Propagandatexten auf mehreren Ebenen zu erfassen, untersucht die Studie deutschsprachige digital verbreitete Magazine des sogenannten Islamischen Staates in vier Schritten.
Zuerst erfolgt eine textsortenlinguistische Beschreibung von situativer Einbettung und Struktur der bimodalen Texte unter Einbezug des interdisziplinären Forschungsstandes. Das sprachindoktrinative Potenzial der Propagandamagazine steht im Fokus einer korpuslinguistischen Analyse der Sprachgebrauchsmuster. Anhand des propositionalen Gehalts werden gemäß der Referenz- und Textweltmodelltheorie die konzeptuellen Muster der sozialen Realität abstrahiert. In einer Narrationsanalyse wird erforscht, wie diese durch die Beschreibung von Einzelschicksalen exemplifiziert werden.
Die Arbeit schließt mit einer Synthese der Ergebnisse und einer interdisziplinären Diskussion ihrer Bedeutung für individuelle und soziale Radikalisierungsprozesse sowie für extremistische Ideologien, die nicht dem dschihadistischen Spektrum zuzuordnen sind.
Konstruktionsgrammatik wird zumeist mit Begriffen wie Nichtkompositionalität (Idiomatizität), Lexik-Grammatik-Kontinuum, Netzwerk von Konstruktionen verbunden. Unberücksichtigt bleibt dabei die Musterbasiertheit der Konstruktionen und damit sprachliche Tätigkeit als Operieren über schematischen Konstruktionen (Konstruktionsmustern). Operationen wie Instantiierung und Fusion sind selbstverständlich regelhaft, wenn auch nicht im Sinne des traditionellen Regelbegriffs, in dem Regel an invariante Gültigkeit gebunden wird, sondern von Regelhaftigkeit im prototypentheoretischen Sinne. In den Beiträgen dieses Bandes werden anhand konkreter sprachlicher Phänomene theoretische Fragen der Form-Funktionsbeziehung innerhalb von Konstruktionen und zwischen Konstruktionen sowie empirische Aspekte der Ermittlung, des Erwerbs, der Vermittlung und des zwischensprachlichen Vergleichs von Konstruktionen diskutiert. Die gebrauchsbezogene Musterbasiertheit und Regelhaftigkeit sind ein gemeinsamer Ausgangspunkt der Beiträge. Die jeweilige Gewichtung der Form oder der Bedeutung oder des Verständnisses stehen zur Diskussion.
Im Fokus dieses Buches stehen neben der Modalverbsemantik, den pragmatischen Funktionen der Modalverben im politischen Diskurskontext und ihren topologischen Positionen über die konstruktionellen Verbindungen von Modalverben auch der Modalverbeinsatz für die persuasive Argumentation in politischen Interaktionen mit Journalistinnen und Journalisten und die kognitionslinguistische Visualisierung der Modalverben. Am Korpus von bislang zum Teil unveröffentlichten Bundespressekonferenzen mit historisch einzigartigen Reden der Kanzler und der Kanzlerin zwischen 1990 bis 2018 werden der Modalverbgebrauch und ihr Beitrag zur persuasiven Argumentation holistisch und deshalb unter Rückgriff auf einen methodologischen Pluralismus bestehend aus Forschungstheorien und Untersuchungsdesigns aus fünf linguistischen Disziplinen semantisch, grammatisch (inklusive Konstruktionsgrammatik), diskursanalytisch, konversationsanalytisch und kognitionslinguistisch untersucht. Diese korpuslinguistische Monographie, die den Modalverbeinsatz sowohl mit qualitativen Forschungsmethoden als auch statistisch gestützt unter Verwendung korpuslinguistischer Tools erforscht, beinhaltet neben Modalverbklassifikationen auch die Vorstellung von Diskussionen zu modernen Theorien und Arbeitsmethoden für korpuslinguistische Forschung auf dem Gebiet der fünf verwendeten linguistischen Disziplinen der Arbeit, der Diskursanalyse, der Grammatik, der Semantik, der Kognitionslinguistik und der Konversationsanalyse.
Wenngleich die Bestimmung des medizinisch ‚Normalen’ einen zentralen Aspekt wissenschaftstheoretischer und -historischer Diskussion darstellt, ist die kommunikative Konstruktion von Normalitäten nur selten Gegenstand empirischer Untersuchungen. Zwar ist bekannt, dass medizinische und alltagsweltliche Konzepte von Normalität divergieren können – doch: Was bedeutet das für die Kommunikation in der medizinischen Praxis? Wie, in welchen Kontexten und zu welchen Zwecken greifen z.B. Ärzt:innen und Patient:innen auf interaktive ‚Praktiken des Normalisierens‘ zurück?
Im Zuge der Auseinandersetzung mit der kommunikativen Konstruktion von Normalitäten auf der Grundlage empirischer Analysen authentischer Gespräche liefern die hier versammelten Beiträge interaktionslinguistische Erkenntnisse u.a. zur interaktiven Positionierung im Gespräch, zur Interaktionalen Semantik sowie zur interaktional ausgerichteten Konstruktionsgrammatik. Auch zeigen sie konzeptuelle und methodische Verknüpfungen zu Fragen der Medizin und der qualitativen Sozialforschung auf. An dieser interdisziplinären Schnittstelle richtet sich der Band sowohl an Forschende in den Bereichen der Interaktionalen und Angewandten Linguistik als auch der Sozial- und Gesundheitswissenschaften.
In allen Teilbereichen der Linguistik ist derzeit ein Fokus auf Methoden zu beobachten. Selten wird jedoch eine diese einzelnen Teilbereiche integrierende Perspektive auf Methoden und v.a. auch auf Methodologie eingenommen. Der Band unternimmt vor diesem Hintergrund den Versuch, die aktuellen Diskussionen um die Methodik der Linguistik, die sich aus den unterschiedlichen Methodeninnovationen der letzten Jahrzehnte ergaben, zu bündeln. Entwicklungen wie die verstärkte Software- und Datenorientierung, die methodische Vielfalt in Projektkooperationen oder der Trend zu ethnographischen Ansätzen werden in einer Reihe methodisch sehr unterschiedlicher Studien reflektiert. Sie haben jedoch alle gemein, dass sie auf ihre Weise traditionelle Grenzen linguistischer Methodik überschreiten; mögen diese intra- oder interdisziplinärer Natur sein. Rahmende Beiträge betten diese Studien in einen Diskussionszusammenhang ein, der für eine methodologische Reintegration der linguistischen Teildisziplinen plädiert. Insofern will der Band ein Anstoß sein. Einen ersten Versuch einer solchermaßen integrierenden Diskussion dokumentiert der Band mit Respondenzen auf dieses Plädoyer einerseits und andererseits mit zwölf zusammenführenden Thesen zur aktuellen Lage der linguistischen Methodendiskussion.
Textverstehen ist ein dynamischer Prozess, bei dem Leserinnen und Leser in einen Dialog mit dem Text treten. Für Disziplinen, die sich mit dem Verstehen von Texten beschäftigen, hat es sich als überaus ertragreich erwiesen, Textkomplexität als die Gesamtheit der dynamischen Interaktionen zu definieren, die entstehen, wenn die sprachlichen und kulturellen Ebenen eines Textes im Verstehensprozess aktiviert werden. Diese Aktivierungen kontextualisieren den Text in seinen sprachlichen, kulturellen und epistemischen Umfeldern und erzeugen im Prozess der Rezeption durch semantische Konstruktionen ein mentales Modell des Textes. Liegen Texte in multimodalen und multicodalen Formaten vor, dann sind die Anforderungen an die kognitive Verarbeitung zusätzlich erhöht. Diese Mehrdimensionalität des Textverstehens erfordert eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen. Der vorliegende Band entwirft daher ein Forschungsdesign, das Textlinguistik und textbasierte Didaktiken fächerübergreifend verbindet. Die Beiträge schlagen theoretische Modellierungen für eine interdisziplinäre Erforschung von Textkomplexität und Textverstehen vor, liefern textsortenspezifische Analysemodelle und geben Anregungen aus der Praxis der Sprach- und Kulturvermittlung.
In diesem Band untersuchen Forscher/-innen aus der germanistischen Linguistik Remotivierungsprozesse im Deutschen auf den Gebieten der Morphologie, der Wortbildung, der Phraseologie sowie der Pragmatik und diskutieren deren theoretische Einordnung im Rahmen von Grammatikalisierungs- und Lexikalisierungsprozessen sowie deren Gegenprozessen. Dieser Band steht wie auch der 2010 von Rüdiger Harnisch herausgegebene und ebenfalls in der Reihe LIT erschienene Band Prozesse sprachlicher Verstärkung – Typen formaler Resegmentierung und semantischer Remotivierung in der Tradition der Passauer Remotivierungsforschung. Ausgehend von morphologischen Forschungen zu Sprachwandelprozessen fällt auf, dass es zusätzlich zu den Prozessen der Grammatikalisierung und der Lexikalisierung ähnlich systematisch betrachtbare und damit parametrisierbare sowie typisierbare gegengerichtete Kräfte sui generis gibt, bei denen sprachliche Einheiten im formalen und semantischen Status angehoben und damit verbunden formal resegmentiert sowie inhaltlich remotiviert werden. Neben den zeichengebundenen Remotivierungen in Form von Reanalysen und Pleonasmen widmet sich dieser Band insbesondere auch den gebrauchsgebundenen Remotivierungen in der Form der Rekontextualisierung und zeigt so die breite Anwendbarkeit des Dachkonzepts der Remotivierung über alle sprachlichen Ebenen hinweg – beginnend beim Morphem bis hin zur textuellen und diskursiven Ebene.
Für gehörlose Lernende stellt das Schreiben eine doppelte Herausforderung dar: Gebärdensprachen verfügen über keine Gebrauchsschrift, weshalb gehörlose Schreiber/-innen die Schrift der umgebenden Lautsprache verwenden. Diese unterscheidet sich jedoch in struktureller Hinsicht grundlegend von der Gebärdensprache, was dazu führt, dass der Schriftspracherwerb in vielen Bereichen dem Erwerb einer Zweitsprache gleicht. Schriftliche Textproduktionen gehörloser Signer (=Gebärdenspachbenutzer/-innen) sind deshalb aus unterschiedlichen Perspektiven von Bedeutung: Aus Sicht der Mehrsprachigkeitsforschung bieten sie einen Einblick in Prozesse des bimodal bilingualen Spracherwerbs, bei dem eine Laut- und eine Gebärdensprache involviert sind. Aus sprachdidaktischer Perspektive stellt sich in der Folge die Frage zur erfolgreichen Vermittlung schriftsprachlicher Kompetenzen für gehörlose Schüler/-innen. Die Untersuchung ermöglicht durch den direkten Vergleich von gebärden- und lautsprachlichen Daten Einblicke in cross-modale Transferprozesse und diskutiert deren didaktisches Potential für den Unterricht gehörloser Schüler/innen.
Wie vermittelt der/die Dirigent:in den Musiker:innen in einer Orchesterprobe, was er/sie hören möchte? Diese einfache Frage veranschaulicht grob das, was in der vorliegenden Studie untersucht wird: Die Praktiken, mit denen in einer Orchesterprobe kommuniziert und interagiert wird. Der Fokus der Arbeit liegt auf multimodal realisierten Handlungstypen in Besprechungsphasen in Proben. Es wird danach gefragt, wie Korrekturen und Instruktionen in Orchesterproben gegeben werden, welche Modalitäten dabei zum Einsatz kommen und wie die Musiker:innen musikalisch – aber nicht nur – darauf reagieren. Ein weiterer Schwerpunkt der Studie liegt auf dem mehrsprachigen Charakter von Orchesterproben: Es wird erörtert, wann welche Sprache(n) wofür in der Interaktion zwischen Dirigent:in und Musiker:innen eingesetzt wird/werden. Für die Untersuchung von korrektiven, instruktiven und mehrsprachigen Praktiken wird mit einem multimodalen Corpus, d. h. mit Videoaufnahmen von Proben in Frankreich und Italien angesiedelter Symphonieorchester, gearbeitet. Die vorliegende Arbeit zeigt, wie der Einsatz unterschiedlicher Sprachen und instruktiv-multimodaler Handlungen zur Herstellung einer sozialen Ordnung und Realität im institutionellen Kontext der Orchesterprobe beiträgt, d. h. wie ein doing rehearsal zwischen Dirigent:in und Musiker:innen zustande kommt.
Das Germanische steht seit den Anfängen der indogermanischen Sprachwissenschaft im Verdacht, von Sprachkontakt betroffen zu sein, und zwar wegen struktureller und lexikalischer Abweichungen vom Indogermanischen. Die Entstehung des Germanischen geht der Frage nach, ob Sprachkontakt mit dem Semitischen der Schlüssel zu den Eigentümlichkeiten des Germanischen ist. Ausgangspunkt ist Theo Vennemanns Theorie der linguistischen und kulturellen Einflüsse des Phönizisch-Punischen, einer nordwestsemitischen Sprache und der Sprache des antiken Karthagos, auf das Frühgermanische. So kann einerseits in der Verbgrammatik des Germanischen der Ausbau des Ablauts und die Entstehung der Gemination bei iterativen und intensiven Verben mit Sprachkontakt erklärt werden. Andererseits erweisen sich mehrere germanische Wörter ohne indogermanische Etymologie als Entlehnungen aus dem Semitischen. Darüber hinaus setzt sich das Buch mit den soziolinguistischen Verhältnissen in Nordwesteuropa in vorhistorischer Zeit auseinander. Im Ergebnis zeigt sich, dass Sprachkontakt mit dem Semitischen bei Fragestellungen weiterhilft, wo die Indogermanistik bislang keine allgemein akzeptierten Lösungen gefunden hat.
Der Phrasemtyp der halbschematischen Phrasem-Konstruktionen eignet sich in hohem Maße – sowohl aufgrund seiner Flexibilität in der Slotbesetzung als auch wegen seiner graduellen Schematizität bzw. Produktivität – für konstruktionsgrammatische Studien, was in der bisherigen Forschung leider kaum wahrgenommen wurde. Andererseits ist die kontrastive Perspektive zwischen dem Deutschen und den romanischen Sprachen in der Konstruktionsgrammatik bis heute auf wenig Aufmerksamkeit gestoßen. In diesem Zusammenhang will der Band dazu beitragen, den defizitären Stand der Phraseologieforschung im Zusammenhang mit der Konstruktionsgrammatik zu verbessern und neue Impulse für die Untersuchung der Phrasem-Konstruktionen sowohl aus intra- als auch aus interlingualer Perspektive zu schaffen. Diesem Ziel Rechnung tragend, werden im Sammelband verschiedenartige Phrasem-Konstruktionen sowohl monolingual (im Deutschen und Spanischen) als auch bi- und multilingual im Deutschen, Englischen, Italienischen, Russischen, Spanischen und Ungarischen näher erläutert und größtenteils korpusbasiert beschrieben. Der Sammelband erweist sich besonders nützlich für Germanisten/-innen und allgemein für Interessierte an der Phraseologie und Konstruktionsgrammatik.
Die Prämisse, dass Sprachliches kulturell konstruktiv sein kann, ist für die Kulturlinguistik zentral und auch in angrenzenden linguistischen Forschungsrichtungen verbreitet. Doch was heißt das genau? Diese Frage beantworten die Beiträge des Bandes a) rein theoretisch und b) indem sie empirische Beispiele analysieren – für sprachliche Einheiten, die kulturell wirksam sein können, und für kulturelle Elemente, die sprachlich bewirkt werden können.
Der Band vereint neueste, empirisch abgesicherte Forschung zu den Zusammenhängen zwischen Genus, Sexus und der sozialen Kategorie Gender. Reflektiert werden sprachliche Erscheinungen auf der Wortebene, im Bereich der Syntax und Textkohärenz und soziopragmatische sowie diskurstheoretische Fragen. Die wortzentrierten Beiträge umfassen Untersuchungen zu genderstereotypen Bedeutungsangaben in Wörterbüchern, zur in-Movierung bei Anglizismen und zur Reichweite des Genus-Sexus-Prinzips bei Tierbezeichnungen. Syntaktische Fragestellungen zielen auf anaphorische Wiederaufnahmephänomene und deren innersprachliche und pragmatische Bedingungen. Dies betrifft hybride Nomina und Epikoina (das Kind > es/?er; das Mädchen > es/sie) ebenso wie Koreferenzphänomene auf der Phrasenebene (Herr Meier und Frau Schmid > die beiden Lehrer/*Lehrerinnen). Soziopragmatische Aspekte werden anhand dialektaler Genus-Sexus-Diskordanzen vom Typ das Emma beleuchtet; auch syntaktische Serialisierungspräferenzen (Mann und Frau, Mama und Papa) variieren entlang sozio-pragmatischer Faktoren. Auf Diskurse rekurriert die Untersuchung zu typischen Argumentationsmustern gegen genderneutrale Sprache. Die Einstellungen nicht-binärer Personen zu gendersensiblem Sprachgebrauch spiegeln aktuelle sprachkritische Diskurse.
Der Band ist eine hervorragende Informationsquelle für alle, die qualitativ hochwertige linguistische Argumentation und empirische Daten zu den komplexen Zusammenhängen zwischen Sprache und Geschlecht suchen.
Das Forschungsfeld zur Evolution menschlicher Sprachbefähigung zeigt sich als in höchstem Maße multidisziplinär sowie methodisch und theoretisch heterogen. Diese Monografie verfolgt drei für die einschlägige Forschung relevante Ziele. Erstens werden für die Sprachursprungsforschung notwendige fachliche und methodische Grundlagen einführend aufbereitet. Zweitens wird ein Methodenkatalog erarbeitet, welcher sich aus allgemeinen Prinzipien der Wissenschaftstheorie, Qualitätskriterien etablierter (meta)wissenschaftlicher Vorgehensweisen sowie Leitlinien guter Literaturrezeption ableitet, um ein methodisches Instrument zum leistungsfähigen Umgang mit der einschlägigen Literatur vorzulegen. Drittens wird ebenjener Methodenkatalog exemplarisch auf mehrere Bereiche der multidisziplinären Forschung angewandt. Dabei zeigt sich, dass zu innerhalb der Literatur scheinbar unsicheren, da widersprüchlich diskutierten, Positionen und Argumentationslinien durchaus vergleichsweise klare und valide Aussagen gemacht werden können. Dies betrifft sowohl theoretische Konzeptualisierungen als auch empirisch orientierte Interpretationen. Umfasst werden innerhalb der Analyse Disziplinen von der Linguistik über die Paläoanthropologie und die Neurologie bis zur Genetik.
In Korpusrecherchen und Fragebogenuntersuchungen geht es vor allem darum zu ermitteln, ob es vor dem Hintergrund einer Polysemie-Hypothese nicht unter Umständen angebrachter wäre, die Weglassungsoption einer von mehreren Verblesarten zuzuordnen, der sie – zumindest was die sortale Einengung des Objekts betrifft – dann keine Interpretationsbesonderheiten im Vergleich mit der Vollvariante hinzufügt. Vielmehr übernimmt sie die sortalen Besonderheiten der jeweiligen Verblesart; die Weglassung wäre somit sortal‐semantisch neutral.
Umfangreiche Einzelverbuntersuchungen werden zeigen, dass einzig die Festlegung auf kontextuell gegebene Argumente bei definiter Weglassung als Effekt von lexikalisch bedingter Weglassung analysiert werden kann. Alle anderen beobachtbaren semantischen Besonderheiten impliziter Argumente ergeben sich aus den reichhaltigen Polysemiestrukturen der untersuchten Verben.
Der Begriff "Funktionsverbgefüge" (FVG) bezeichnet Verbindungen aus einer Nominalphrase (mit oder ohne Präposition) und einem sogenannten Funktionsverb. Die nominalen und verbalen Konstituenten bilden zusammen eine semantische Einheit, wie etwa zur Entscheidung kommen oder eine Frage stellen. FVG haben in der Germanistikforschung seit den 1960er Jahren eine lange Tradition. Ein kurzer historischer Überblick über die wichtigsten Publikationen zu diesem Thema macht aber deutlich, dass bis zum heutigen Tage keine einheitliche Definition der Funktionsverbgefüge innerhalb der Germanistikforschung besteht und dass zahlreiche Fragen zu FVG offengeblieben sind. Ziel des neuen Sammelbands ist es daher, das Phänomen der FVG in ein neues Licht zu setzen und das Forschungsdesiderat zu adressieren.
Die innovative Komponente des Sammelbandes ist – neben einer neuen Besprechung des Themas FVG auch für weitere Bereiche wie die Fremdsprachendidaktik und die Lexikographie – seine interdisziplinäre Ausrichtung, da die Autor/-innen der Beiträge Romanist/-innen und Germanist/-innen sind, die die Thematik jeweils von einer anderen Perspektive beleuchten.
Ausgehend von den kleinsten Elementen des graphischen Inventars modelliert der Sammelband die soziale und situative Ausdifferenzierung digitaler Schriftlichkeit im integrativen Dialog zwischen schrift- und soziolinguistischen Ansätzen. Erkenntnisleitend ist dabei die These, dass der situierte Umgang von Schreiber/innen mit Mitteln und Möglichkeiten des graphischen Inventars – etwa Graphemvarianten, Interpunktions- und Bildzeichen – ausschlaggebend für die Entwicklung sozial gebundener Schreibstile in privaten, öffentlichen und professionellen Kommunikationskontexten ist. Empirische Fallstudien untersuchen digitales Schreiben hinsichtlich seiner sozialen und situativen Varianz, der Bindung dieser Varianz in interaktionale Kommunikationszusammenhänge und der metakommunikativen Reflexion durch schreibende und lesende Akteur/innen. Der Sammelband legt mit dieser Bündelung aktueller linguistischer Online-Forschung einen multiperspektivischen Zugang vor, der sprachliche Strukturen und soziale Bewertungen digitaler Schriftlichkeit gleichermaßen in den Blick nimmt.
Die Studie untersucht Adverbialstrukturen im gesprochenen Französisch, die drei oder mehr Diskursabschnitte in komplexer Weise miteinander verbinden. Diese Strukturen werden als Makrokonstruktionen im Sinne der Konstruktionsgrammatik modelliert und anhand eines umfangreichen Korpus hinsichtlich ihrer lokalen Emergenz in der Interaktion und ihrer Sedimentierung analysiert. Dabei werden syntaktische, semantische, prosodische und interaktional-pragmatische Aspekte einbezogen.
Die empirische Studie untersucht die gesellschaftliche Bedeutung von Dialekt und Dialektgebrauch in der Schweiz. Über interdisziplinäre Zugänge arbeitet sie heraus, wie (eng) laienlinguistische Wahrnehmung und Bewertung von Sprache mit dem Sprachgebrauch in Zusammenhang stehen. Sie zeigt, dass Dialekte über diskursive Prozesse konstruiert und im Sprachgebrauch reproduziert werden und damit, wie Dialekte von Sprechern gemacht werden.
Diese Studie untersucht basierend auf linguistischen Klassifikationen von Vergleichen und Metaphern strukturelle, konzeptuelle und funktionale Charakteristika von NS-Vergleichen und NS-Metaphern. Sie diskutiert jene Analogiebildungen anhand von Äußerungen im öffentlichen Kommunikationsraum hinsichtlich ihrer sprachlichen Realisierung, ihrer funktionalen Dimension sowie der darauffolgenden öffentlichen Reaktionen. Darüber hinaus liefert die Untersuchung Ergebnisse einer Korpusstudie zu NS-Vergleichen und NS-Metaphern innerhalb von über 10.000 E-Mails, die zwischen 2002 und 2014 bei der Botschaft des Staates Israel und beim Zentralrat der Juden in Deutschland eingingen.
Auf Basis deutschsprachiger Korpusdaten stellt diese Studie Strukturen, Regelmäßigkeiten sowie formale und funktionale Bedingungen der rhetorischen Figur Litotes heraus. Anhand der Form der doppelten Negation (nicht unumstritten, nicht unlösbar) erlaubt es die Analyse pragmatische Mechanismen der 'Negation des Gegenteils' aufzuzeigen und das Verhältnis von Semantik und Pragmatik neu zu beleuchten.
Diese Studie analysiert die Prozesse des Erstspracherwerbs des Deutschen mithilfe dichter Corpora. Im Fokus steht die Entwicklung von Mehrwortäußerungen, die als erste kreative Äußerungen produziert werden. Unter Verwendung des sog. Traceback-Verfahrens werden diese in Form von Bausteinen zurückverfolgt. Hiermit kann die Studie die Bedeutung und den Aufbau lexikalisch teilspezifischer Schemata in der Phase der Mehrwortäußerungen nachweisen.
Die vorliegende Studie macht grundlegende kognitive Prozesse korpuslinguistisch greifbar, welche die Wahl phorischer Ausdrücke (vor allem Anaphern) und die referentielle Informationsentfaltung beeinflussen.
Ketten von phorischen Ausdrücken finden sich letztlich in allen authentischen Diskursen menschlicher Sprache, da sie maßgeblich für die referentielle Kohärenz verantwortlich sind. Bei der Wahl dieser Ausdrücke steht den Produzenten ein breites Spektrum an sowohl direkten als auch indirekten phorischen Techniken zur Verfügung, um referentielle Kohärenz herzustellen und mit ihrer Hilfe die Information im Diskurs zu entwickeln. Die Studie untersucht in einer kontrollierten korpuslinguistischen Umgebung, welche Prinzipien (u.a. die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses und Interferenzeffekte) sich auf die Wahl von Anaphern auswirken, und wie diese Wahl auf allgemeine kognitive Prinzipien, einer Maxime der Formenökonomie sowie einer Maxime der Maximierung von Textkohärenz, zurückgeführt werden kann.
Die theoretisch angenommenen Einflussfaktoren werden empirisch erfasst und die Stärke dieser Effekte erstmalig auf der Textoberfläche quantitativ gemessen.
In dieser Studie werden die traditionellen Methoden aus der Dialektgeographie (Variablenanalyse auf Basis des mhd. Bezugssystems) mit denen der Wahrnehmungsdialektologie (Hörurteilstests) und Dialektsoziologie (Fragebogen) kombiniert. Die Verbindung von Methoden aus der Dialektgeographie und der Wahrnehmungsdialektologie ermöglicht es, Modifikationen in der objektiven Struktur, bspw. die Ausprägung neuer Isoglossen, mit der wahrgenommenen, subjektiven Struktur des itzgründischen Dialektraumes zu vergleichen.
Die Studie analysiert zum einen den dialektalen Wandel in den ehemaligen unterostfränkischen Grenzgebieten auf Basis eines Real-Time-Vergleichs (Analyse von Sprachaufnahmen aus fünf Korpora im Zeitraum von 1930–2014). Zum anderen wird im Rahmen eines Apparent-Time-Vergleichs (anhand der Daten dreier Altersgruppen) untersucht, ob die Sprecher innerhalb des „Itzgründischen“ eine neue mentale Grenze entlang der ehemaligen politischen Grenze perzipieren oder ob sie das Gebiet als homogen wahrnehmen.
Die prototypentheoretische und signifikativ-semantische (semasiologische) Orientierung der Konstruktionsgrammatik (KxG) durch George Lakoff und Adele Goldberg (Berkeley Cognitive Construction Grammar) wird am Beispiel des Deutschen in Richtung auf eine tätigkeitsbezogene (sprachgebrauchsbezogene) Grammatiktheorie ausgebaut, jenseits des Competence-Performance-Dualismus bisheriger Syntaxtheorien. Teil I entwirft eine konstruktionsgrammatische Beschreibung der Grammatik von Sätzen mit einfachen (nicht-komplexen) Prädikaten im Wechselverhältnis von Konstruktion und Projektion (Valenz) unter dem Primat der Konstruktion. Aus diesem Wechselverhältnis erklärt sich die Kreativität der SprecherInnen/HörerInnen beim Operieren mit Argumentkonstruktionen und die Produktivität syntaktischer Strukturen (Konstruktionen). Eingeschlossen ist die Beschreibung der Fusion von Modifikatorkonstruktionen und der Einbettung von Substantivkonstruktionen sowie eine konstruktionsgrammatische Interpretation der Variabilität von Wortfolgen. Im Teil II wird das deklarative Vererbungskonzept der KxG zu Gunsten eines sprachgebrauchsbezogenen Konzepts von Vererbung revidiert. Grammatiktheoretisch zentrale Phänomene wie Passivierung, Medialisierung, Nominalisierung und die Entstehung von Präpositionalobjekt-Konstruktionen und Partikel- und Präfixkonstruktionen werden auf dieser Grundlage als Konstruktionsvererbung erklärt.
Personennamen leisten den größten Anteil an der sprachlichen Herstellung zweier Geschlechter. Die Beiträge dieses Bandes beleuchten diese Leistung aus linguistisch-onomastischer, soziologischer und historischer Sicht. Sie untersuchen u.a. inoffizielle Namen in Nahbeziehungen, die Benennung Ungeborener, die Umbenennung Transsexueller, deutsche, niederländische und schwedische Unisexnamen sowie das phonologische Degendering von Jungenamen der jüngeren Zeit.
Das Buch entwickelt auf Grundlage empirischer Daten ein semantisches Analysemodell für verschiedene Arten von Beleidigungswörtern und beleuchtet mithilfe konversationsanalytisch aufbereiteter Gesprächsdaten deren unterschiedlichen Verwendungsweisen (Appropriation, Banter, Comedy, Hate Speech). Das Multikomponentenmodell ist damit stark an der Realität der Sprachgemeinschaft orientiert und zeichnet sich u.a. durch die Einführung einer skalaren Bedeutungskomponente (Beleidigungsgrad) aus sowie durch eine Abtrennung der pejorativen von der expressiven Bedeutung.
Neben dem bislang umfangreichsten Überblick über die einschlägige Forschung bietet das Buch neue Impulse für die (angewandte) Sprachwissenschaft und viele interdisziplinäre Anknüpfungspunkte. Dies scheint insbesondere relevant im Kontext aktueller Debatten um Hasskommentare im Internet sowie angesichts der Probleme, die sich in unserer Gesellschaft in Form von Mobbing, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit stellen.
Die Studie präsentiert die Ergebnisse kontaktlinguistischer Forschungen zu deutschsprachigen Siedlungen im englischsprachigen Raum. Der Fokus liegt hierbei auf deutschböhmischen Minderheitensprachen in Neuseeland und in den USA. Im Anschluss an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Sprachinselbegriff werden anhand erhobener Sprachdaten lautliche, morphologische, syntaktische sowie lexikalische Merkmale auf Basis idiolektaler Repräsentationen beschrieben. Darauf aufbauend werden sowohl Sprachkontakterscheinungen – insbesondere Transferenzen und Codeswitching – als auch spezielle Phänomene eines Bi- und Multilingualismus, die in den deutschböhmischen Siedlungen präsent sind, herausgearbeitet. Resümierend erfolgt eine Standortbestimmung zu Stadien des Spracherhalts, Sprachverfalls und Sprachtods. Ein beigefügtes Supplement mit umfangreichen Sprachdaten und einer Zuordnung der Varietäten zu historischen Protosystemen bietet darüber hinaus eine wertvolle Basis für weitere Untersuchungen. Der Arbeit kommt dadurch auch ein archivarischer Wert im Sinne einer Sprachdokumentation zu, da die untersuchten Varietäten in ihrer Existenz bedroht sind.
Die Studie entwirft ein „modales Szenario" als Modell zur Beschreibung einer einheitlichen lexikalischen Modalverbbedeutung und prüft es anhand umfangreicher Korpusdaten. Wollen, mögen, sollen, dürfen, müssen und können erscheinen darin als Ausdruck von Situationsbedingungen, angeordnet in einem abstrakten Gegenüber aufeinander gerichteter, d.h. intentionaler, Instanzen.
Die charakteristische Lesartvielfalt, deren lexemspezifische Ausformung sowie „idiosynkratische" Verwendungsweisen werden als systematischer Wechsel der Bezugsebene aufgrund lexikalisch angelegter Argumentforderungen einerseits und Interaktion mit strukturverwandten Zeichen andererseits erklärbar.
„Grammatikalisierter" Bezug auf die aktuelle Kommunikationssituation entsteht, wo sich die nötigen intentionalen Referenten nicht im Dargestellten finden. Damit wechselt auch die Intentionalitätsform der Instanzen im „modalen Szenario" – von Wunsch und Absicht der Dargestellten zu Erfahrung, Urteil, Face der Kommunizierenden.
Semantische Interaktion, v.a. mit Tempus und Modus, basiert auf verwandten Bedeutungsstrukturen. Der Konjunktiv wird in einer neuen Beschreibung als Ausdruck von ‚Alterität‘ gefasst, das Präteritum bezeichnet ‚Distanz‘; beides sind Merkmale einer szenischen Struktur.
Im Rahmen neuroonkologischer Gespräche dient das MRT-Gerät den Ärzten als primäre diagnostische Grundlage, da es bei diesem Krankheitstyp keine einheitlichen Symptome gibt und der direkte Blick auf die ursächliche Läsion versperrt ist. Fokus dieser gesprächslinguistischen Studie ist die analytische Erfassung des für diese Gespräche konstitutiven Moments der Unsicherheit, welches u.a. durch die ständige Anwesenheit von technischen Apparaten evoziert wird.
Grundlage der Analyse sind über 140 Arzt-Patient-Gespräche, aufgenommen in der neuroonkologischen Ambulanz eines Uniklinikums. Bei der Auswertung des Datenkorpus werden Latours Akteur-Netzwerk-Theorie, Clarkes Situationsanlyse sowie Flecks Denkstilkonzept gesprächsanalytisch genutzt. Entsprechend werden die beteiligten situativen und diskursiven Akteure als gleichrangig handelnde Partner betrachtet.
Die Untersuchung zeigt, wie trotz der vorliegenden Unsicherheiten Vertrauen aufgebaut werden kann. Denn obwohl der Arzt Entscheidungen auf Basis von unsicherem Wissen treffen muss, vermag er durch seine erfahrungs- und denkstilbasierte Analyse des Netzwerkes die Situation und das apparativ gewonnene Wissen partiell zu sichern.
Aus sprachwissenschaftlicher Sicht liegt in der Untersuchung von massenmedialen TV-Formaten,die von Fernsehschaffenden und der Medienwissenschaft als Infotainment bezeichnet werden, eine Forschungslücke vor. Es ist bislang nichts darüber bekannt, wie die Interagierenden in solchen Sendungen situativ mit den massenmedialen Anforderungen von Informationsvermittlung und Entertainment umgehen. Die Untersuchung geht auf der Basis von 40 Stunden Sendematerial einer bekannten deutschen Kochsendung der Frage nach, mittels welcher verbalen sowie körperlich-visuellen Verfahren die Beteiligten die mediale Gattung situativ als Infotainment hervorbringen. Zu diesem Zweck wird rekonstruiert, wie die Interagierenden die für die Sendung konstitutiven Aktivitäten "Informieren", "Belehren" und "Bewerten" durchführen, um den Anforderungen der Gattung im Spannungsfeld von Informationsvermittlung und Entertainment zu begegnen. Die Untersuchung leistet so einen Beitrag zur multimodalen Fundierung einer linguistischen Analyse von konversationellen Aktivitäten und zeigt Perspektiven für eine Weiterentwicklung einer gesprächsanalytisch arbeitenden Medienlinguistik auf.
Zwischenmenschliche Beziehungen formen unsere Sprache und unseren Sprachgebrauch, und diese wiederum gestalten unsere Beziehungen. Obwohl diese Wechselwirkung ebenso grundlegend wie vielfältig ist, hat sich um sie bis jetzt kein linguistisches Forschungsfeld ausgebildet, das ähnlich systematisch bearbeitet worden ist wie dasjenige um Sprache und Geschlecht, Sprache und Alter oder Sprache und soziale Gruppen.
Der Band versammelt 15 Beiträge, die das Forschungsfeld Sprache und Beziehung exemplarisch besetzen. Sie beziehen sich raumzeitlich auf den deutschen Sprachraum vom Frühneuhochdeutschen bis zur Gegenwart und reichen thematisch von Anreden über Personen- und Beziehungsbezeichnungen, sprachliche Akte und Praktiken bis hin zu kommunikativen Gattungen und Textsorten. Der Band repräsentiert damit beispielhaft verschiedene Formen der Auseinandersetzung mit sprachlicher Relationalität, wie sie aus der aktuellen linguistischen Forschung hervorgehen. Auf diese Weise trägt er zur empirischen Erschließung wie auch zur theoretischen und methodischen Fundierung des Forschungsfeldes Sprache und Beziehung bei.
Diese Studie aus dem Bereich der Interaktionalen Linguistik beschreibt und erklärt erstmals umfassend die Struktur selbstinitiierter Selbstreparaturen im Deutschen. Auf der Grundlage von über 2500 Selbstreparaturen aus spontansprachlichen Tonaufnahmen wird ein Modell entwickelt, das die Syntax von Selbstreparaturen als ein Ergebnis des Wettstreits miteinander konkurrierender Faktoren erklärt. Dieses Modell, in dessen Zentrum das Streben der Sprecher nach einer möglichst schnellen Beseitigung des Reparandums steht, sagt die Position des Abbruchpunkts und des Retraktionspunkts vorher. Zudem werden weitere Aspekte der Selbstreparatur in die Analyse einbezogen: die Selbstreparaturmarker (z.B. äh), die Selbstreparaturoperationen (z.B. Substitution und Insertion) und die verschiedenen Typen von Reparanda.
Die Studie eröffnet eine neue Perspektive auf die Selbstreparatur als hochgradig strukturiertes gesprochensprachliches Phänomen und zeigt darüber hinaus, dass sich aus Reparaturstrukturen auch Erkenntnisse über die Syntax des Deutschen ganz allgemein ableiten lassen. Insgesamt leistet die Arbeit einen Beitrag zum Verständnis des konversationellen Reparatursystems und zur Entwicklung einer Interaktionalen Grammatik.
Selbstreparaturen, ein Phänomen der gesprochenen Sprache, erfordern sprachliche Selbstevaluation. Studien konzentrieren sich daher auf die Sprache Erwachsener und zeigen, dass Selbstreparaturen insbesondere sprachspezifisch differierenden syntaktischen Regularitäten unterliegen. Kindern wird die Fähigkeit zur Evaluation weitgehend nicht zugetraut, sodass ihre Selbstreparaturen bisher kaum Beachtung finden.
Die Arbeit verknüpft drei Felder der Sprachwissenschaft: die kontrastive Linguistik, die Spracherwerbs- und die Mehrsprachigkeitsforschung. Die empirischen Analysen, basierend auf 3.015 Selbstreparaturen von monolingualen und bilingualen Erwachsenen und Kindern, fokussieren die Syntax von Selbstreparaturen im Deutschen und Spanischen im Rahmen der Generativen Grammatik. Herausgestellt werden sprachspezifische Reparaturorganisationen im Deutschen und kaum betrachteten Spanischen, der bisher unerforschte quantitative und qualitative Erwerb von Strategien im Erstsprach(en)erwerb und spezifische Merkmale von Selbstreparaturen deutsch-spanisch bilingualer Sprecher. Die Ergebnisse bestätigen die angenommene Forschungsrelevanz und bestärken schließlich den Vorschlag einer Integrativen Konversationstheorie, da einzelne Konzepte der Generativen Grammatik gestützt, andere hingegen entkräftet werden.
In der Computervermittelten Kommunikation kreieren User multicodale Zeichensysteme, indem sie neben verbalen Äußerungen z.B. auch Bilder, Emoticons und Schriftfarbe einsetzen. Facework wurde bislang hauptsächlich anhand des verbalen codes untersucht. Inwiefern bietet jedoch gerade der para- und nonverbale code relevante Informationen für face? Ziel der vorliegenden Studie ist die systematische Untersuchung sowohl des verbalen als auch des para- und nonverbalen codes mit Blick auf politeness und facework. Dazu wird anhand Computervermittelter Kommunikation in spanischsprachigen Unterhaltungsforen die Verhandlung von face analysiert. Im Fokus steht wie User sich selbst darstellen, von anderen kommentiert werden und sich verteidigen. Neben theoretischen Grundlagen zu face(work), Foren-Kommunikation, Multicodalität und spanischen Perspektiven wird eine umfangreiche und innovative Untersuchungsmethodik für Multicodalität in der Höflichkeitsforschung vorgestellt. Anhand der Analyse wird deutlich, welche Zusammenhänge sich aus Multicodalität und facework ergeben. Die Bedeutung von eingesetzten Bildern für face wird nachgewiesen. Das Desiderat, facework im Hinblick auf den nonverbalen code zu untersuchen, wird eingelöst.
Satztypen werden gewöhnlich als Ergebnis einer modularen Interaktion morphologischer und syntaktischer Merkmale betrachtet, Konstruktionen sind dagegen als konventionelle, arbiträre Form-Bedeutungs-Paare definiert. Zugleich gibt es eine Tradition der Satztypbeschreibung, die Satztypen als Bündel von formalen Merkmalen auffasst, denen arbiträr bestimmte Bedeutungen zugeordnet sind („Satzmodus“). Dies wirft die Frage auf, ob sich Satztypen als Konstruktionen beschreiben lassen, bzw. welche Vor- und Nachteile eine solche Analyse gegenüber einer derivationellen Analyse hat. Eine konstruktionistische Analyse sollte den Unterschied zwischen den Standard-Satztypen wie Deklarativsatz, Interrogativsatz, Imperativsatz und anderen Konstruktionen erklären können und die Probleme der Bedeutungszuweisung ernst nehmen. Eine „Satztypengrammatik“ (welcher Provenienz auch immer) sollte anerkennen, dass es syntaktische Baueinheiten gibt, die kerngrammatischen Erwartungen widersprechen, aber in der Konversation eine wichtige Rolle spielen. Die Beiträge in diesem Band untersuchen anhand ausgewählter Datenbereiche das Verhältnis von Satztyp und Konstruktion aus unterschiedlichen grammatiktheoretischen Perspektiven.
Die Thematik Deutsch als Zweitsprache (DaZ) ist zum alltäglichen Gegenstand in allen Schulformen und -stufen geworden. Die hohe Anzahl mehrsprachig aufwachsender Kinder und Jugendlichen im deutschsprachigen Raum und die sprachlichen Besonderheiten, die diese heterogene Gruppe mit sich bringt, stellen sowohl Schulen als auch Universitäten vor Herausforderungen, die lange unbeachtet blieben. Trotz einiger Studien bleiben Fragen zu spezifischen Erwerbsverläufen grammatischer Strukturen und zu Besonderheiten und Unterschieden des Zweitspracherwerbs im Deutschen im Vergleich zum Erstspracherwerb ungeklärt. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Band unterschiedliche Perspektiven auf den Phänomenbereich Deutsche Grammatik in Kontakt in Schule und Unterricht in Bezug auf ihre potentielle Relevanz für einen Grammatikunterricht in multilingualen Zusammenhängen. Ziel ist es, aktuelle Ansätze, Forschungsergebnisse und Konzeptionen zusammenzuführen, sie im Hinblick auf ihre mögliche Anwendung im schulischen oder universitären Grammatik-Alltag kritisch zu hinterfragen und damit neue Impulse für eine sowohl empirisch als auch theoretisch fundierte Reflexion von grammatischen Diskursen im Bereich Deutsch als Zweitsprache zu bieten.
Angesichts der großen Bedeutung komplexer Attribution für die nominale Satzorganisation ist es erstaunlich, dass es sich dabei um einen fast weißen Fleck auf der Landkarte der germanistischen Linguistik handelt. Da komplexe Attribution nicht nur ein grammatischer Phänomenbereich ist, sondern da einzelsprachliche Realisierungen der funktionalen Domäne der Modifikation typologischen und gesellschaftlich-kulturellen Voraussetzungen unterliegen, bemüht sich der Sammelband um eine multiperspektivische Annäherung an das Phänomen. So bietet der Band mit Beiträgen zur sprachhistorischen Entwicklung komplexer Nominalgruppen, zu ihrer grammatiktheoretischen Verortung und ihrer funktionalstilistischen Einbettung einen breiten Überblick über das Phänomen der komplexen Attribution im Deutschen. Mit sprachvergleichenden Beiträgen zu verschiedenen europäischen Sprachen und einem Beitrag zu einer kurdischen Varietät entsteht darüber hinaus ein kleiner Eindruck von der typologischen Bedingtheit der Realisierung komplexer Attribution. Der Band leistet einen Beitrag zur Erforschung eines zentralen Nominalstilphänomens und versteht sich als Anregung zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit Komplexitätsphänomenen in der Nominalgruppe.
Die semantische und syntaktische Verknüpfung von Attributen ist gegenüber der Satzverknüpfung bisher nicht systematisch erfasst worden. Dabei ist die Junktion in der Attribution bspw. in der Wissenschaftskommunikation ein sehr frequentes Phänomen, das aufgrund der nominalen Organisation auch teilweise andere Eigenschaften aufweist als die Satzverknüpfung.
Der vorliegende Sammelband bietet eine Bestandsaufnahme des Phänomens der expliziten und elliptischen Junktion in der Attribution, die auf einem Belegkorpus aus dem Bereich der Wissenschaftssprache beruht. Neben der Erfassung der grundlegenden strukturellen Eigenschaften von Junktion in der Attribution geht es aber auch darum, das Phänomen zu erklären: Aus grammatiktheoretischer Sicht wird es dabei als Analogiephänomen verortet und aus kultur- bzw. praxistheoretischer Perspektive wird es im Zusammenhang mit Fragen zum Handeln und zum Handlungssubjekt erörtert.
Der Sammelband erschließt einen in der Grammatikforschung bislang vernachlässigten Phänomenbereich und trägt darüber hinaus mit den Überlegungen zur Erklärung und Messung der strukturellen Komplexität attributiver Junktion zur aktuellen Komplexitätsdebatte bei.
This volume aims at analyzing the relationship between the dialogical accomplishment of spoken talk-in-interaction on the one hand and entrenched patterns of linguistic and socio-cultural knowledge (constructions, frames, and communicative genres) on the other. The contributions analyze linguistic patterns in different languages such as English, French, German, and Swedish. Methodologically, they take up the usage-based position that structural and functional aspects of language use need to be studied empirically and "bottom-up": Since grammatical structure arises as the entrenched result of recurrent language use, its study should start with the local organization of natural talk-in-interaction before moving on to more complex and abstract relationships between linguistic structure, linguistic meaning, and socio-cultural activity/event patterns. Furthermore, they argue that Dialogism provides a promising starting point for a usage-based approach to linguistic patterns as both emerging (i.e. constructed in response to the situational circumstances of talk-in-interaction) and emergent (i.e. constructed with regard to symbolic units as parts of socially and culturally shared knowledge).
Das Buch erarbeitet eine Systematisierung der Lokalisation im adpositionalen Bereich des Chinesischen und Deutschen im Sinne eines tertium comparationis und geht somit der Frage nach, in welchen Verhältnissen verschiedene adpositional kodierte Raumrelationen zueinander stehen. Hierzu werden einschlägige Ansätze in der theoretischen und typologischen Literatur überprüft und revidiert.
Es zeigt sich, dass Lokalrollen und Regionen zwei Metakategorien der adpositionalen Raumrelationen bilden und beide zueinander eine komplex hierarchische Struktur aufweisen. Dies wird durch detaillierte Analysen der adpositionalen Kodierungen von Raumreferenz in beiden Sprachen untermauert, wobei die Diskussion sprachspezifischer Probleme erfolgt.
Darüber hinaus werden symbolische Komplexitätsverhältnisse zwischen den Untertypen der beiden Metakategorien festgestellt und Perspektivierungsleistungen von diesen werden vorgelegt.
In der strukturalistisch geprägten Linguistik wird Ikonizität meist als zu vernachlässigendes Randphänomen beschrieben. Diese Einschätzung beruht jedoch vor allem auf Untersuchungen zur Lautsprache. Analysen des gebärdensprachlichen Lexikons belegen hingegen ein hohes Ausmaß an sprachlicher Ikonizität. Es ist deshalb fraglich, ob ihr Status als Randphänomen vor allem an die Grenzen des lautsprachlich genutzten Mediums geknüpft ist, und ob demgegenüber das visuell-gestische Medium einen begünstigenden Einfluss nimmt. Die vorliegende Untersuchung zur Rolle der Ikonizität in Grammatik und Syntax der deutschen Gebärdensprache (DGS) liefert neue Evidenz zur weiteren Aufklärung dieser Fragen. Die Analyse zeigt, dass der Ikonizität gegenüber der Arbitrarität in Gebärdensprachen eine mindestens gleichwertige Rolle zuzuweisen ist und dabei sowohl medienspezifische als auch für Lautsprachen geltende Ikonizitätsprinzipien herrschen. Die Ergebnisse sprechen gegen die Betrachtung der Ikonizität als sprachliches Randphänomen und für ihre Berücksichtigung in der linguistischen Theoriebildung.
Das Fehlen des Artikelsystems, der Person/Numerus- sowie weiterer Finitheitsmarkierungen am Verb, der fakultative Einsatz des Passivs, die Präsenz der Verbserialisierung oder die marginale Rolle der Personalpronomina und Konjunktionen beim Textaufbau – all diese satz- und textgrammatischen Merkmale des Thais sind nicht etwa darauf zurückzuführen, dass diese prototypische isolierende Sprache keine Definitheit oder Finitheit kennt, oder dass sie grammatisch weniger komplex oder stärker pragmatisch orientiert ist als das Deutsche mit seinen gegenteiligen Merkmalen. Andererseits sollte man daraus nicht schlussfolgern, dass das Artikelsystem oder die finiten Verbformen nur als „Luxus“ bestimmter Sprachen anzusehen sind. Dieses Buch zeigt anhand der funktional- und relationalistischen Grammatiktheorie und durch detaillierte Textanalysen, dass sich die Varianz bezüglich der grammatischen Kodierung in diesen beiden Sprachen aus der perfekten Organisation der verfügbaren grundgrammatischen Kodierungsstrategien – Syntax (kovert) und Morphologie (overt) – ergibt, und unmittelbar mit der Präferenz für eines von zwei Mustern der Informationsstruktur zusammenhängt, die funktional äquivalent sind und eine Analogie zum Distributivgesetz der Mathematik aufweisen.
Wiederholt ist die Forderung laut geworden, Sprache in ihrer Materialität und Performativität als ein Medium zu begreifen. Das Buch legt in diesem Sinn eine systematische Begründung einer Medientheorie der Verständigung vor, die Sprache als kulturelle Praxis der Verständigung denkt. Im Zentrum des Beitrags steht die Auseinandersetzung mit den Arbeiten des französischen Philosophen Jacques Derrida, der sich wie kaum ein anderer dem
Zusammenhang von Sprache und Medialität gewidmet hat. Von daher entwickelt eine Medientheorie der Verständigung den Ausgangspunkt für eine linguistische Kulturforschung, der somit eine neue Relevanz innerhalb der gegenwärtigen kulturwissenschaftlichen Debatte zukommt. Zentrale Themen einer solchen Linguistik sind die ästhetische Dimension des Verständigungsgeschehens, die Weiterentwicklung einer linguistischen Diversitätsforschung angesichts pluraler und heterogener Gesellschaften sowie die Untersuchung des komplexen Zusammenhangs von medienkulturellem Gedächtnis und Wissensvermittlung.
Schrift ist eine hochgradig variable und im zunehmend mediatisiert-schriftlichen Kommunikationsalltag sozial immer bedeutsamer werdende Ressource – dies wird der Soziolinguistik erst allmählich bewusst. Variation findet man dabei nicht nur im Bereich der Schreibung, sondern auch zwischen verschiedenen Schriftsystemen und im Bereich der visuellen Gestaltung (Graphetik, Typographie). Dieses Buch nimmt verschiedene Formen und soziale Funktionen solcher „graphischer Variation“ in den Blick, entwickelt eine interpretativ-soziolinguistische Theorie zur Beschreibung und Erklärung skriptural-graphischer Variationspraktiken und leistet somit einen grundlegenden Beitrag zur sich derzeit formierenden „Soziolinguistik der Schriftlichkeit“.
Dabei diskutiert das Buch kommunikationstheoretische Konsequenzen einer sprachwissenschaftlichen Hinwendung zur Visualität und Materialität, es präsentiert methodische und konzeptuelle Vorschläge zur soziolinguistischen Analyse graphischer Variation und es exemplifiziert das Phänomen u.a. anhand graphisch-visueller Identitätsarbeit, Ideologiekommunikation und Genrekonstitution.
Unter Modalität sind verschiedene Kategorien zusammengefasst: Modalverben, Modalpartikel, Vergewisserungsfragen. Die Gemeinsamkeit der grundmodalen und epistemischen sowie evidentialen Lesarten von Modalverben einerseits und Modalpartikeln andererseits ist das Thema dieses Bandes. Im Zentrum steht die Frage, welche Gewissheitsgrade für den Hörer diese Wortarten vermitteln, wieweit dabei Verhandlungsstrategien vom Sprecher gegenüber dem Hörer eingesetzt werden und wieso solche Wortarten nicht in allen Sprachen in gleicher Weise lexikalisch oder grammatisch vertreten sind. Da Modalität im Deutschen weit overter kodiert wird als in den meisten nichtgermanischen Sprachen, eignet sich die Untersuchung der Funktion von Modalität im Deutschen besonders gut zur Ermittlung eines funktionalen Nenners von Modalität, der sich als Leitfaden zur Ermittlung von bislang nicht wahrgenommenen kovert kodierten Modalitätsphänomenen in anderen Sprachen nutzen lässt. Auf diese Weise lässt sich zunehmend ein Verständnis der komplexesten und am wenigsten verstandenen grammatischen Kategorien der menschlichen Sprache ermitteln.
Die Strukturierung des Sprachraums ist ein zentraler Gegenstand der Variationsforschung, dessen Komplexität bis heute nicht vollständig erfasst ist. Ausgangspunkt des Buches ist die Erstellung eines datenbasierten regionalsprachlichen Modells der historischen Dialekte in Deutschland, das aus verschiedenen Perspektiven ausgewertet und erweitert wird. Auf diese Weise gelingt eine neue Sicht auf die raumstrukturellen Bedingungen der Dialekte v. a. im 19. Jahrhundert. Eine Besonderheit stellt der Einsatz von Methoden aus Bioinformatik und Geostatistik dar, die in der Regionalsprachenforschung weithin unberücksichtigt geblieben sind. Im Ergebnis trägt das Vorgehen zum Verständnis zahlreicher sprachgeographischer und sprachhistorischer Phänomene bei, etwa mit Blick auf den Ausgleich der Dialekte oder die Genese der deutschen Schriftsprache. Zudem werden neue Kriterien zur intersubjektiven Definition der Dialektlandschaft geliefert, die in ihrer Verknüpfung mit außersprachlichen Daten einen Brückenschlag zu kulturwissenschaftlichen Themenfeldern leisten. Die Studie begründet darauf aufbauend neue Forschungsansätze zur Erklärung räumlicher Handlungsmuster in Vergangenheit und Gegenwart, seien sie sprachlicher oder außersprachlicher Art.
Die vorliegende Studie begründet und verfolgt den theoretisch-methodologischen Ansatz einer „kognitiven Regionalsprachenforschung“, in deren Paradigma panchronische (nämlich variationslinguistische plus sprachgeschichtliche) empirische Analysen einerseits mit kognitiv-linguistischen Analysen andererseits verknüpft werden. Den konkreten Untersuchungsgegenstand bildet die syntaktisch-semantische Variation der Verben kriegen und bekommen, die aus kognitiv-semantischer, variationslinguistischer und sprachgeschichtlicher Perspektive analysiert werden. Als Forschungslabor dienen die regionalsprachlichen Varietäten des zusammenhängenden deutschsprachigen Raums, die in ihrer areal-horizontalen wie auch sozial-vertikalen Variationsdimension von den Basisdialekten bis zu standardsprachlichen Registern Berücksichtigung finden.
Ellipsen sind in der modernen Linguistik Gegenstand verschiedener linguistischer Disziplinen: Während sich die Psycholinguistik für Vorgänge des Produzierens und Verarbeitens von Ellipsen interessiert, beschäftigt sich die Grammatikforschung mit dem Äußerungsprodukt Ellipse. Hinzu kommt die sprachphilosophische Frage nach dem Status der Ellipse überhaupt. Der Schwerpunkt des Sammelbandes liegt auf einer integrativen Betrachtung von grammatischen und verarbeitungsbezogenen Fragestellungen. Dieser Schwerpunktsetzung liegt die Hypothese zugrunde, dass das Phänomen ‚Ellipse’ den Paradefall für den Versuch der Engführung von grammatischen und psycholinguistischen Ansätzen bildet. Eine solche Aufeinanderbeziehbarkeit manifestiert sich im Band u.a. an dem sowohl grammatiktheoretisch als auch psycholinguistisch begründeten Perspektivwechsel vom Ausgelassenen zum Realisierten. Der Band bietet neben einem Perspektivwechsel innerhalb des Kernbereichs der Ellipsenbetrachtung auch neue Perspektiven auf das Phänomen Ellipse, wie etwa die der Interaktionalen Linguistik und der Computerlinguistik.
Der regionale Erstspracherwerb des Deutschen zählt zu den nahezu unbearbeiteten Desiderata der Linguistik. Das vorliegende Buch bietet eine umfassende Einführung in das Thema und zeigt die unmittelbare Relevanz von Spracherwerb und -variation zur Erklärung der Dynamik des Deutschen. Die Prozesse des regionalen Erstspracherwerbs werden empirisch anhand einer Panelstudie mit drei bis zehnjährigen Kindern zum Erwerb der moselfränkischen Regionalsprache in Wittlich/Eifel gezeigt. Die innovativen Methoden der Datenerhebung zielen auf die Bearbeitung der drei Fragenkomplexe 1) Lautdynamik, 2) Faktoren der Lautdynamik und 3) individuelle Entwicklung der Varietäten- und Variationskompetenz. Dazu werden mit kindgerechten Methoden a) natürliche Sprache, b) explizite Varietätentests sowie c) Einschätzungen erhoben. Auf der Grundlage einer phonetisch-phonologischen Analyse werden zahlreiche Ergebnisse statistisch nachgewiesen, u. a. Frequenz, Lautklasse, Input, Situation, Alter und Individualität. Den stärksten Einfluss auf den Erwerb regionalsprachlicher Variation hat der individuelle Erfahrungsraum eines Kindes. Die Erforschung des regionalen Erstspracherwerbs ist ein ertragreiches Thema, das viele Anknüpfungspunkte zur Erforschung von Sprachwandel und -erwerb bietet.
Die vorliegende Studie untersucht auf der Grundlage interaktional-linguistischer Theorie und Methodologie Auswirkungen von Mehrsprachigkeit auf syntaktische und prosodische Strukturen in Alltagsgesprächen junger türkischstämmiger Frauen und Männer. Prosodische Phänomene stehen in der Sprachkontaktforschung nur selten im Fokus der Aufmerksamkeit; die Ergebnisse der Studie zeigen jedoch, dass Kategorien wie Rhythmus und Intonation eine wichtige Rolle als Substrateinflüsse spielen. Insbesondere bei der Analyse rhythmischer Muster, die eines der zentralen Merkmale des ethnischen Stils „Türkischdeutsch“ darstellen, zeigt sich, dass einige prosodische und syntaktische Regeln des Deutschen flexibel gehandhabt werden, um Rhythmus zu konstituieren. Dies betrifft insbesondere Regeln zur Setzung von Wort- und Satzakzenten sowie Vollständigkeitsregeln von syntaktischen Phrasen. Allerdings bleibt es nicht bei einem einfachen Transfer sprachlicher Phänomene aus dem Türkischen: So werden die übernommenen Strukturen zum Teil verändert und in deutsche Strukturen integriert, und es entstehen neue, regelgeleitete Formen, die als Ressourcen für besondere Aufgaben im Gespräch fungieren.
Lange Zeit lag der Fokus in den Sprachwissenschaften auf einer implizit an der geschriebenen Norm orientierten Sprachverwendung. Eine Alternative besteht darin, Sprache im interaktionalen Gebrauch in den Mittelpunkt der Analyse zu stellen.
Auf theoretischer und empirischer Basis werden in diesem Buch geeignete linguistische Modelle und Beschreibungsverfahren erarbeitet, die für eine Analyse von sowohl gesprochener als auch geschriebener interaktionaler Sprache notwendig sind. Zudem werden mit der Grammatikschreibung, der Diskussion des Einflusses der computervermittelten Kommunikation auf das Deutsche sowie der Didaktik des Deutschen als Fremdsprache drei Bereiche diskutiert, die von der Neuausrichtung der Linguistik auf Sprache-in-Interaktion betroffen sind. Im empirischen Teil wird anhand dreier ausgewählter Phänomene (Partikelgebrauch, Einheitenbildung und Sequenzmuster/Gattungen) gezeigt, wie das Beschreibungsinventar für Sprache-in-Interaktion aussehen kann. Im Anschluss daran werden diese drei Phänomene jeweils unter den Aspekten der Analyse computervermittelter Kommunikation, des Verfassens von Referenzgrammatiken und der Vermittlung des Deutschen als Fremdsprache diskutiert.
Termini und Terminologien stellen einen zentralen Gegenstand der Fachsprachenforschung dar; kaum Beachtung finden bislang jedoch Strategien der Einführung terminologischer Systeme in fachliche Texte. Die Studie befasst sich daher am Beispiel von Ausschnitten aus der Norm DIN 2330 und Kants „Kritik der reinen Vernunft“ mit quantitativen Aspekten der Terminologisierung. Von besonderer Relevanz erweisen sich dabei der Anteil der Termini an der Gesamtheit der Wörter, der Durchschnitt der Termini je Satz und je Definition, der Anteil der Definitionen an der Gesamtheit der Sätze, der Durchschnitt der Definitionen je Absatz sowie der Abstand einzelner Termini zu deren Definitionen und Rang-Frequenzverteilungen im Text. Die quantitativen Befunde werden schließlich hinsichtlich des Reichtums an Termini und Definitionen und deren Schwankungen sowie im Hinblick auf die terminologische Progression im Text interpretiert. Die Studie weist insofern über sich hinaus, als deren Ergebnisse und deren Vorgehensweise auf weitere präskriptiv-appellative und deskriptiv-diskursive sowie andere Fachtexte übertragbar sind und somit neue Impulse für die Fachsprachenforschung und die Quantitative Linguistik gesetzt werden.
Die Beschäftigung mit Wortarten erzwingt stets die Definition und die Reflexion der Kriterien zu ihrer Bestimmung. Obwohl die Wortarten traditionellerweise zum Handwerkszeug eines jeden Grammatikers gehören und sie curricular fest in der Schulausbildung verankert sind, so zeigen sich doch relativ schnell Probleme bei ihrer Kategorisierung. Von besonderem Interesse sind hier die nicht-flektierenden Wortarten, denn ihre Form macht wenig Aussagen über ihre Wortart. Im Falle der nicht-flektierenden Wortarten sind zu ihrer differenzierten Bestimmung daher andere als morphologische Kriterien notwendig. Die Beiträge in diesem Sammelband gehen der Analyse und der Klassifikation der nicht-flektierenden Wortarten aus verschiedenen Perspektiven nach: der Konstruktionsgrammatik, der deskriptiven Linguistik, der formalen Semantik und der generativen Linguistik.
Die Komposition nimmt eine zentrale Position in der Wortbildung (nicht nur) der germanischen Sprachen ein und gilt insbesondere im Deutschen als hochproduktives Wortbildungsmuster. Trotz der Fülle an Literatur zur Komposition im Allgemeinen stellt jedoch eine umfassende Auseinandersetzung und Darstellung der Komposition im Deutschen in der aktuellen Forschung ein Desiderat dar, auch innerhalb der deutschsprachigen Germanistik. Im Anschluss an frühere Untersuchungen ergeben sich heute aus einzel- und übereinzelsprachlicher Perspektive neue Untersuchungsaspekte, die nicht zuletzt auch aus aktuellen methodologischen Untersuchungsmöglichkeiten und Fragestellungen erwachsen, beispielsweise im Bereich der Korpuslinguistik und der Psycholinguistik.
Der Band nimmt die Komposition im Deutschen aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick und möchte so dazu beitragen, diese Lücke füllen. Die Beiträge diskutieren sowohl Fragen, die sich aus einer innersprachlichen, strukturellen Perspektive ergeben, als auch weitergehende, systembezogene Aspekte der Komposition im Deutschen. Dazu gehören u.a. die Abgrenzung der Komposition von anderen Wortbildungsprozessen und von syntaktischen Prozessen, Überlegungen zur Struktur und Interpretation der zugrunde liegenden morphologischen Einheiten und ihrer Repräsentation im mentalen Lexikon sowie auch die graphematische Dimension der Kompositionsforschung und Fragen, die sich aus aktuellen Entwicklungen auf dem Gebiet der Textlinguistik und Diskurstheorie ergeben.
In diesem Sammelband zur Genderlinguistik werden Praktiken der sprachlichen Konstruktion von Geschlechteridentitäten aus diversen Blickwinkeln aufgezeigt. Die Beiträge, die unterschiedliche methodische und theoretische Zugänge zur Untersuchung des Zusammenhangs von Sprache und Geschlecht präsentieren, diskutieren aktuelle Fragestellungen und skizzieren neue Perspektiven zur sprachlichen Konstruktion von Geschlecht. So werden Genderinszenierungen in medialen Zusammenhängen wie auch in Face-to-Face Interaktionen aufgezeigt, Aspekte des Zusammenspiels von Sprachsystem und Sprachgebrauch diskutiert und Fragen nach aktuellen Tendenzen einer „geschlechtergerechten Sprache“ aufgeworfen.
Der Band widmet sich in Theorie und Empirie der Frage, wie sprachpragmatische Phänomene korpuslinguistisch untersucht werden können. Die Beiträge aus der Germanistik, Anglistik und Romanistik diskutieren korpuspragmatische Verfahren, Ergebnisse und Infrastrukturen aus den Forschungsfeldern Critical Discourse Analysis, Diskurslinguistik nach Foucault, Sprechaktforschung, Computerlinguistik und historische Pragmatik. Im Mittelpunkt des in diesem Sammelband adressierten Forschungskontextes stehen Untersuchungen von Form-Funktions-Korrelationen an aufbereiteten Korpusdaten. An Beispielen themengebundener Korpora (also inhaltlich zusammengehörender Texte und Gespräche als Ausschnitt eines Diskurses) werden die spezifischen Erkenntnispotentiale eines Zusammenspiels von korpuslinguistischen Beschreibungsverfahren und sprachpragmatischen Fragestellungen demonstriert. Dabei geht es erstens um die Methodologie der Korpuspragmatik, zweitens um die Möglichkeiten und Grenzen konkreter Anwendungen und drittens um neue Spezial-Infrastrukturen für korpuspragmatische Anliegen. So entsteht ein umfassender Überblick über die aktuelle korpuslinguistische Diskussion in wichtigen Feldern der gegenwärtigen Pragmatik.
Forschungen zur Entwicklung des Menschen erleben gegenwärtig unter dem Einfluss neuer methodischer Möglichkeiten in den beteiligten Disziplinen eine spektakuläre Neuorientierung. Interaktion, Sprache und Kultur zählen nunmehr zu den Schlüsselbegriffen der Theoriebildung.
Neue Fragen stellen sich: Was genau bewirkt Interaktion? Wie sind Entwicklung und Erwerb in diesem Rahmen zu rekonstruieren? Worin besteht das besondere Potential der Sprache? Wie spielen evolutionsbiologische, entwicklungstheoretische, kulturvergleichende, linguistische und interaktionstheoretische Erkenntnisse zusammen?
An den Schnittstellen zwischen Anlage, Umwelt und sozialer Erfahrung in der Entwicklung werden in diesem Buch die Prozesse und Ressourcen der sozialen Matrix empirisch rekonstruiert. Die Beiträge erörtern die evolutionären Entstehungsbedingungen von Schlüsselfähigkeiten wie kulturelles Lernen, vorsprachliche Verständigung, Sprache und ihren Erwerb, „Theory of Mind“, autobiographisches Gedächtnis sowie den Zugang zu Kulturtechniken wie Schreiben. Sie eröffnen neue Perspektiven auf Sprache und Verständigung, ihr anthropologisches und kulturelles Fundament sowie auf die Rolle von Sprache und Kultur in der Genese des Menschen.
Die kontrastive Studie Deutsch-Japanisch zeigt, dass in der Sprache zwei Strategien zur Herstellung von Referenz auftreten, die von einer Sprache zur anderen in unterschiedlicher Ausgeprägtheit verankert sind: Deixis und Anaphorik. Diese determinieren die Grammatik einer Sprache weitgehend, und zwar auf allen relevanten linguistischen Ebenen, nämlich in Text, Satz und Wort.
Die Untersuchung, in der eine kontrastive Analyse zweier phylogenetisch weit voneinander entfernter Sprachen durchgeführt wird, hat dabei zwei Ziele: Zum einen wird versucht, eine neue Typologie aufzustellen, die auf unterschiedlicher Ausgeprägtheit der Referenzstrategien basiert. Sprachen unterscheiden sich primär darin, welche der Referenzstrategien eine Sprache vorzugsweise einsetzt. Daraus lassen sich alle weiteren sprachtypologisch relevanten Merkmale einer Sprache ableiten.
Zum anderen eröffnet diese Arbeit eine neue Sicht auf die deutsche Grammatik, indem diese mit dem metasprachlichen Bewusstsein eines japanischen Germanisten analysiert wird. Grundlegende Begriffe der grammatischen Beschreibung erfahren im Licht der funktionalen Typologie mit Deixis und Anaphorik eine neue Auslegung.
Im Zentrum des Buches steht die Frage, welche sprachlichen und orthographischen Merkmale sich im privaten Schreiben Jugendlicher finden und ob sich ein Einfluss dieses Schreibens auf das schulische Schreiben nachweisen lässt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Analyse von Texten aus der privaten E-Mail-, Chat- und SMS-Kommunikation sowie auf dem Schreiben in sozialen Netzwerken (z.B. Facebook).
Die Fragen werden nicht nur mit Bezug auf aktuelle Forschungen zur Internet- und Handykommunikation diskutiert, es werden auch die Ergebnisse eines Zürcher Forschungsprojekts vorgestellt und auf dieser Basis empirisch gestützte Antworten gegeben. Als Datengrundlage dienen private und schulische Texte von Schülern aller Schulformen aus der Schweiz. Auch die Antworten einer schriftlich durchgeführten Schülerbefragung zur Mediennutzung in der Freizeit fließen in die Gesamtauswertung ein. Die Analyse der Texte erfolgt anhand eines Textbeschreibungsmodells, das im Projekt konzipiert wurde. Ergänzt wird die Darstellung um einen Beitrag zur Diskussion didaktischer Aspekte, verfasst von Saskia Waibel. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie das Thema "Schreibkompetenz und neue Medien" zum Reflexionsgegenstand in der Schule gemacht werden kann.
Grammatik multimodal erschließt neues Terrain und argumentiert für die Erweiterung des Gegenstandsbereichs lautsprachlicher Grammatiken: Das menschliche Sprechen besteht nicht nur aus Artikulationen des Mundes, die primär mit dem Ohr wahrgenommen werden, sondern auch aus sichtbaren Artikulationen anderer Körperteile, die auf das Auge wirken. Eine besondere Stellung nehmen dabei die Bewegungen der Hände ein: Die Gebärdensprachen der Gehörlosen zeigen, dass auch Handbewegungen allein als Artikulationen voll ausgebildeter Sprachen gelten können. Wenn es sich so verhält, dass Handbewegungen grundsätzlich das Potential zur Ausbildung einer Grammatik haben, wie steht es dann mit der Grammatikfähigkeit derjenigen Handbewegungen, die das Sprechen der Hörenden begleiten? Ist eine Einzelsprache wie das Deutsche partiell multimodal?
Die Analysen zur Semantisierung und Typisierung von Gesten als potentiellen syntaktischen Konstituenten, die rekursive kontextfreie Phrasenstrukturgrammatik, die wir in Anlehnung an die frühen Arbeiten Chomskys für die Darstellung der Rekursivität und Selbsteinbettung bei Gestenphasen vorschlagen, sowie die Beispielanalysen zur multimodalen Attribuierung in Nominalgruppen, zeigen, dass eine multimodale Grammatik nicht nur im Ansatz möglich, sondern auch notwendig ist, will man der Sprache allgemein und der Sprache als einzelsprachlichem Medium der Verständigung gerecht werden.
Im Zentrum des Bandes stehen Verfahren und Formen der Generierung von Wissen in verschiedenen Praxisfeldern. Anhand von authentischen sozialen Interaktionen werden aus unterschiedlichen Perspektiven Merkmale und Prozesse der Hervorbringung von Wissen aufgezeigt,
- die sich in interaktiven Verfahren entfalten,
- die in einem institutionenbezogenen Handlungsfeld eingesetzt werden, das von alltagsweltlicher Relevanz ist und
- die in einer spezifischen medialen Konstellation stattfinden.
Die einzelnen Beiträge widmen sich in diesem Rahmen einer Vielzahl von Verfahren und Formen von Wissensgenerierung in unterschiedlichen institutionellen Handlungsfeldern aus den Bereichen Medizin, Recht, Lehr/Lerninteraktionen und Massenmedien.
Die Anordnung der Beiträge folgt dabei nicht den Praxisfeldern, sondern einer prozessualen Auffassung des Gegenstands der Generierung und Bearbeitung von Wissen, aus der sich vier Leitfragen für die jeweiligen Abschnitte ergeben:
Wie wird Wissen situativ eingebettet?
Wie wird Wissen interaktiv hervorgebracht?
Wie wird Wissen institutionell zur Geltung gebracht? und
Wie wird Wissen (massen)medial verbreitet?
Durch die spezifische Zusammenstellung sollen grundlegende Formen in sehr unterschiedlichen Praxisfeldern erkennbar und vergleichbar gemacht werden. Die einzelnen Beiträge nehmen dabei den Fokus des jeweiligen Kapitels vor dem Hintergrund ihres je eigenen Gegenstandes und dessen institutioneller Einbettung sowie medialer Realisierungsformen auf.
Der Band präsentiert die Ergebnisse der internationalen Fachtagung „perceptual dialectology – Neue Wege der Dialektologie“, die im Mai 2008 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel stattfand. Thema sind die subjektiven, laienlinguistischen „naiven“ Sichtweisen auf deutschsprachige Dialekte sowie die Rolle, die sie im alltäglichen sozialen Umgang spielen. Das Ziel dieser im deutschen Sprachraum in dieser Größenordnung ersten abgehaltenen Tagung zur perceptual dialectology bestand deshalb in erster Linie darin, die innovativsten Forschungsergebnisse möglichst umfassend zusammenzutragen. Das Spektrum der Beiträge erstreckt sich auf die folgenden Bereiche:
- Wissenschaftsgeschichte, Theorie und Methode (Preston, Löffler, Jakob, Anders)
- Dialektwahrnehmung und Kognition (Christen, Berthele, Spiekermann, Purschke)
- Salienz sprachlicher Merkmale (Lenz, Elmentaler/ Gessinger/ Wirrer)
Normfragen (Davies, Langer, Eichinger) - Subjektive Dialektgrenzen (Lameli/ Kehrein/ Purschke, Kennetz, Stoeckle, Dailey-O'Cain/ Darling, Hundt)
Der Band richtet sich an Germanisten, Kulturgeographen, Soziologen Psychologen, Kognitionswissenschaftler sowie an alle weiteren Zielgruppen, die sich für deutsche Dialekte interessieren.
Als „Prozesse sprachlicher Verstärkung“ werden Reanalyse-Vorgänge behandelt, bei denen sprachliche Einheiten auf der Skala der Konstruktionsebenen ‒ Phonologie, Morphologie, Lexik ‒ aufsteigen („Degrammatikalisierung“) und sich von synthetisch-intransparenten zu analytisch-transparanten Gebilden entwickeln („Delexikalisierung“) ‒ Prozesse also, die der „Grammatikalisierung“ und „Lexikalisierung“ entgegengerichtet sind.
Ein erster Themenblock versammelt unter dem Motto „Form sucht Bedeutung“ Beiträge zur semantischen Verstärkung formaler Substanz: zu Volksetymologie, Affix- und Index-Reanalyse, Mondegreens, De-Idiomatisierung und semantischer Aufladung sprachlicher Zeichen aus ihren Gebrauchsbedingungen (Re-Kontextualisierung).
In einem zweiten Block sind unter dem Motto „Bedeutung sucht Form“ Prozesse thematisiert, bei denen eine semantische Verstärkung eine formale nach sich zieht: semantische Sekretion (pleonastische Konstruktionen) und delokutive Derivation.
Das im Einleitungsbeitrag skizzierte typologische Modell differenziert zusätzlich in zeichengebundene und gebrauchsgebundene Verstärkungsprozesse: morphologische Sekretion, De-Idiomatisierung und semantische Sekretion einerseits, Re-Kontextualisierung anderseits.
Dialekträume werden wahrnehmungsdialektologisch als kognitive Räume gesehen, die sich durch linguistische, geographische und sozio-kulturelle Konzeptualisierungen konstituieren. Die Wahrnehmungsdialektologie bildet theoretisch wie methodisch eine multidisziplinäre Schnittstelle zwischen linguistischer Substandardforschung, Laienlinguistik und einzelnen Aspekten der Wahrnehmungswissenschaften, in denen die laienlinguistischen Wahrnehmungen von regionalen Sprechweisen als subjektive Strukturen des Alltagswissens beschrieben und erklärt werden.
Gegenstand dieser Untersuchung sind die theoretische Fundierung, methodische Modellierung und empirische Erhebung der Konzeptualisierungen zum Obersächsischen aus der Sicht linguistischer Laien. Dazu wurden in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Südbrandenburg im Rahmen einer umfangreichen Pilotstudie jeweils 30 Probanden befragt. Dabei kann aus den Ergebnissen das enorme Potenzial von Laiendaten für die Dialektologie, sowohl im Hinblick auf die heutige Bewertung als auch auf die vielfältigen Strategien der Umdeutung internalisierter sprachbezogener und außersprachlicher Merkmale des Obersächsischen, abgelesen werden.
Die Begriffe ‚Nähe‘ und ‚Distanz‘ bezeichnen konzeptionelle Eigenschaften von Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In der linguistischen Forschungsrichtung, die sich mit sprachlicher Variation beschäftigt, ist ‚Nähe vs. Distanz‘ ein zentraler Untersuchungszweig neben etwa der Dialektologie, der Fachsprachenforschung oder der Textsortenforschung. Im vorliegenden Sammelband werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen verschiedenen Möglichkeiten sprachlicher Variation untersucht. Die Beiträge behandeln die Themengebiete Nähe und diatopische Variation", "Nähe und diachrone Variation", "Nähe und diaphasische Variation" sowie "Nähe und Grammatikalisierung".
Die Beiträge dieses grammatiktheoretischen Bandes untersuchen aktuelle Entwicklungstendenzen im Deutschen unter dem Aspekt der Veränderung von Kodierungstechniken. Zu diesen Tendenzen gehören u.a. morpho-syntaktische Veränderungen in der Realisierung von Aspekt, Tempus und Modus, Abbautendenzen beim Artikel und daraus resultierende Prozesse, Veränderungen in der Klassifikation von Nomen und Verben sowie rein syntaktische Veränderungen wie die Distanzstellung von Pronominaladverbien. Aus grammatiktheoretischer Perspektive wirft die Kulmination von Veränderungsprozessen im Gegenwartsdeutschen Fragen hinsichtlich einer Reorganisation des grammatischen Funktionsgefüges auf. In welchem Maße ändert sich mit den Kodierungstechniken auch die kategoriale Struktur des Deutschen? Obgleich die einzelnen empirischen Phänomene vielfach diskutiert werden, gibt es bisher keine aufeinander bezogene Diskussion ihrer Bedeutung für die Veränderung des Deutschen und der möglichen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Prozessen. Die Beiträge sind von namhaften Linguisten verfasst und geben erstmals in der Breite der betrachteten Phänomene eine Basis und Diskussionsgrundlage für die zentralen Fragen der Veränderungsprozesse in der deutschen Gegenwartssprache.
Die vorliegenden Beiträge, in denen sprachliche Strukturen im Kontext ihrer interaktiven Funktionen und Gebrauchsweisen studiert werden, widmen sich grammatischen Konstruktionen der Selbst- und Fremdpositionierung. Anhand empirischer Analysen von Positionierungs-Konstruktionen zeigen die Beiträge, dass Formen und Funktionen grammatischer Strukturen in Alltagsinteraktionen eng mit den Produktions- und Rezeptionsbedingungen gesprochener Sprache verwoben sind. Methodologisch hat dies zur Konsequenz, dass sprachliche Phänomene ‑ verstanden als Konstruktionen unterschiedlicher Komplexität ‑ nicht dekontextualisiert, sondern im jeweiligen konkreten Interaktionszusammenhang betrachtet werden; die Medialität und Handlungsbezogenheit sprachlicher Phänomene wird in den vorliegenden Analysen daher ebenso berücksichtigt wie die Dialogizität, die Sequenzialität und die Zeitlichkeit der Entfaltung sprachlicher Konstruktionen.
Um dem Spannungsverhältnis zwischen der Verfestigung grammatischer Konstruktionen und ihrer prozessualen Aktualisierung in der Interaktion Rechnung zu tragen, verknüpfen die Beiträge Methoden der Interaktionalen Linguistik mit Erkenntnissen gebrauchsorientierter („usage-based“) Positionen der Construction Grammar sowie der Cognitive Grammar.
In der Abhandlung wird der Stil der Texte aus dem Info-System untersucht. Das Info-System diente den inhaftierten Mitgliedern der RAF in den 1970er Jahren dazu, der Haftsituation zum Trotz die Kommunikation untereinander aufrechtzuerhalten.
Da die in den Info-Texten verwendete Ausdrucksform als Gruppenstil zu kategorisieren ist, wird im Theorieabschnitt der Untersuchung der Forschungsstand zu diesem Stiltyp referiert, bevor ein systemtheoretischer Ansatz zur Erklärung gruppenstilistischer Phänomene entwickelt wird. Dafür wird die luhmannsche Kommunikationstheorie (sozio-)linguistisch reformuliert, indem die von Luhmann genannten kommunikativen Selektionen mit den sprechakttheoretischen Teilakten ins Verhältnis gesetzt werden. Damit wird es möglich, die Bedeutung von Stil für die Anschlussfähigkeit von Kommunikation systemtheoretisch zu erklären.
Im Analyseabschnitt werden unter Berücksichtigung der verwendeten Textsorten und mit Hilfe eines über- und intertextuellen Vergleichsverfahrens die Stilelemente ermittelt, die sich zum Gruppenstil der RAF im Info-System synthetisieren. Auf Grundlage der detaillierten Beschreibung der Stilstruktur werden Sinnzuschreibungen formuliert, die u.a. die revolutionäre Sprachgewalt der RAF thematisieren.
Die Diskurslinguistik hat sich mittlerweile als Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit textübergreifenden Bedeutungsbezügen und historisch-kulturell verankertem Wissen befasst, und als auf Sprache spezialisierte Subdisziplin im multidisziplinären Projekt „Diskursanalyse“ etabliert. Während die theoretische Reflexion des Diskursbegriffes weit vorangeschritten ist und zahlreiche Einzeluntersuchungen vorliegen, fehlt es noch immer an einer fundierten Methodik und Methodologie, an Verfahren, die wissenschaftlichen Kriterien wie Validität und Reliabilität standhalten und gleichzeitig der komplexen Diskursmorphologie gerecht werden. Diesem Desiderat tritt der Band entgegen. Die Beiträge stellen verschiedene Methoden vor, exemplifizieren sie und diskutieren ihre Applizierbarkeit auf so unterschiedliche diskurslinguistische Gegenstandsbereiche wie Episteme und Schemata, Aussagen und Argumentationen, Subjekt und Kollektiv, Multimodalität und Interaktivität, Ideologie und Macht sowie Korpus und Muster. Damit ist der Band gleichermaßen eine Darstellung der wichtigsten Methoden der Diskurslinguistik wie ein Kompendium der aktuellen methodologischen Diskussion.
In diesem Buch werden die sprachlichen Möglichkeiten für den Ausdruck von Schmerz im Deutschen analysiert. Die Studie basiert sowohl auf schriftsprachlichen Daten als auch auf Gesprächsdaten, die aus Arzt-Patienten-Gesprächen und aus Gesprächen mit Schmerzpatientinnen stammen. Bei der Auswertung des umfangreichen Datenkorpus werden die Methoden der Construction Grammar und der Gesprächsanalyse miteinander verbunden.
Im ersten Teil der Untersuchung werden mit Methoden der Rahmensemantik (Frame Semantics) und der Construction Grammar die syntaktischen Konstruktionen beschrieben, die im Deutschen zum Ausdruck von körperlichem Schmerz zur Verfügung stehen, wie z. B. „Ich habe Schmerzen“ oder „Mein Bein tut weh“.
Im zweiten Teil wird der Gebrauch dieser Schmerzkonstruktionen im Gespräch analysiert. Dabei wird systematisch geprüft, in welcher Weise die gesamten sprachlichen Möglichkeiten beim Ausdruck körperlicher Schmerzen im Gespräch genutzt werden und wie sie sequenziell eingeordnet werden können. Zum Schluss werden die Muster bei der mündlichen Darstellung chronischer Schmerzen untersucht. Dieser letzte Teil ist in erster Linie auch für Mediziner und andere sprachwissenschaftliche Laien von Interesse.
In diesem Buch wird die grundlagentheoretische Frage nach der Konstitution des Gegenstandes der Sprachwissenschaft mit dem aktuellen Thema „Medien“ verbunden: Welche systematischen Folgen haben die Ergebnisse der neueren, kulturwissenschaftlich geprägten Debatten um Medialität und Performativität für die linguistische Gegenstandskonstitution, insbesondere für den Kompetenzbegriff? Wenn es keine medienunabhängige Kompetenz gibt, inwiefern ist die Kompetenz dann trotzdem „frei“?
In kritischer Abgrenzung vom „mentalistischen“ Kompetenzbegriff einerseits und vom Mediendeterminismus andererseits wird im Anschluss an Wittgenstein die These entwickelt, dass sich Sprachkompetenz in vielen Fällen angemessener als „Sprachspielkompetenz“ fassen lässt. Wie sich diese im Einzelnen ausbuchstabieren lässt, wird im Hauptkapitel anhand zahlreicher Beispiele untersucht. Dabei geht es immer darum zu zeigen, inwiefern der Sprachgebrauch zwar durch das jeweilige Medium „konturiert“, aber nicht „determiniert“ ist. Medien eröffnen Spielräume, und die Kompetenz der Akteure zeigt sich darin, wie sie sich dieser Spielräume im jeweiligen kommunikativen Kontext bedienen.
Die Arbeit untersucht Relativsätze im gesprochenen Deutsch in einem umfangreichen empirischen Corpus aus informellen und formellen Interaktionen und liefert eine umfassende grammatische Analyse eines zentralen Strukturphänomens der deutschen Sprache unter konsequenter Verwendung mündlicher Sprachdaten. Bei der Corpusanalyse, die sich durch die Kombination quantitativer und qualitativer Verfahren auszeichnet, werden prosodische, syntaktische, semantische und pragmatische Verhältnisse berücksichtigt.
Im ersten Teil wird der vorhandene Forschungsstand zum Relativsatz aufgearbeitet. Es wird u.a. gezeigt, dass die bisherigen Darstellungen, die fast ausschließlich auf schriftsprachlichen Relativsätzen und auf Introspektion beruhen, in wesentlichen Punkten revidiert und ergänzt werden müssen.
Im zweiten Teil wird das Relativsatzcorpus im theoretischen Bezugsrahmen der Construction Grammar untersucht. Bei der Beschreibung einiger ausgewählter Konstruktionen wird u.a. deutlich, dass zentrale relativische Konstruktionen im gesprochenen Deutsch trotz ihrer Häufigkeit in der Forschung bisher unberücksichtigt geblieben und in den Grammatiken ausgeblendet worden sind.
Der Sammelband widmet sich dem Thema "sprachliche Kürze" in umfassender Weise. Thematisiert werden u.a. Aspekte der Sprachökonomie, der Kommunikationstheorie, Kurzwörter in verschiedenen europäischen Sprachen, Kürze in Wortbildung und Syntax, Rhetorik und Stilistik, Kürze als Prinzip der Vornamengebung. Er enthält Beiträge namhafter Autorinnen und Autoren, in denen sowohl Forschungsüberblicke gegeben als auch neuartige Ansätze vorgestellt werden. Der bislang einzigartige Band leuchtet die unterschiedlichen Dimensionen des komplexen Gegenstandes in nahezu enzyklopädischem Zugriff aus.
Dieses Buch präsentiert eine grundlegende Studie zur Koordination sprachlichen Handelns in der Chat-Kommunikation. Aufgrund des charakteristischen Einflusses der zugrunde liegenden Technologie erweist sich die Handlungskoordination im Chat – im Vergleich zu Gesprächen – als ein hochgradig individuelles Projekt. Eine Modellierung chatbasierter Kommunikation muss daher berücksichtigen, dass die Beteiligten ihre Handlungspläne nicht zur Laufzeit der Interaktion mit ihren Partnern abgleichen, sondern vielmehr mit dem, was sie – häufig erst zeitlich versetzt – als sprachliche Produkte auf ihren Bildschirmen wahrnehmen. Als Bezugsrahmen für eine Beschreibung interaktionaler Besonderheiten im Chat wird daher ein individuenzentriertes Modell der kommunikativen Teilhabe ausgearbeitet. Auf seiner Basis wird die Frage diskutiert, inwieweit Kategorien, die sich für die Analyse von Gesprächen bewährt haben, sinnvoll auch für die Beschreibung chatbasierter Kommunikationsprozesse übernommen werden können. Die theoretischen Befunde werden in einer Fallstudie auf Basis multimodaler Daten zu Nutzeraktivitäten beim Chatten empirisch untermauert. Hierbei wird auch deutlich, dass für interaktionslinguistische Untersuchungen so genannte „Mitschnitte“ keine ausreichende Datenbasis darstellen und dass die Chat-Forschung von einer Miteinbeziehung von Beobachtungsdaten zur Kommunikationsteilhabe wesentlich profitieren kann. Die Darstellung eines Designs für die Erhebung solcher Daten sowie eines dafür entwickelten Transkriptionsformats ist ebenfalls Teil des Buches.
Der Terminus Diskurs ist in den Humanwissenschaften weithin gebräuchlich geworden. Neben anderen Bedeutungen von Diskurs hat sich in der Sprachwissenschaft der poststrukturalistische Diskursbegriff nach Foucault durchgesetzt. Gerade in linguistischen Arbeiten der jüngsten Zeit ist die Relevanz des Foucault’schen Diskursbegriffes für konkrete sprachwissenschaftliche Fragestellungen textueller Kommunikation herausgearbeitet worden. In der Diskurslinguistik nach Foucault wird der viel diskutierten Entgrenzung des Textbegriffs konzeptionell und analytisch entsprochen. Die Beiträge des Bandes reflektieren die zentralen theoretischen Dimensionen einer Linguistik jenseits der Textgrenze, diskutieren die Leistungsfähigkeit der Diskurskonzeption für textanalytische Fragestellungen und dokumentieren in exemplarischen Analysen konkrete Anwendungsmöglichkeiten.
In diesem Buch geht es um die grundlegende Frage, wie Sprachverstehen und Situationsverstehen zusammenwirken. Am Beispiel von mündlichen Beschreibungen eines Rundgangs am Potsdamer Platz zeigt die Autorin, wie Zeigegesten mit so genannten Deiktika oder Zeigwörtern wie „hier“, „da“, „dort“, „dieser“ oder „jener“ interagieren, um die eindeutige Lokalisierung von Gegenständen zu ermöglichen. Dabei steht die Lösung von drei Problemen der linguistischen Deixistheorie im Vordergrund: die Lösung des Origoproblems (wie ist der zentrale Bezugspunkt (Origo), von dem aus die Gegenstände lokalisiert werden, zu konzipieren?), des Raumproblems (wie ist der deiktische Verweisraum gegliedert?) und des Gestenproblems (wie ist die „Arbeitsteilung“ zwischen Geste und Zeigwort beschaffen?). Die daraus resultierende Neukonzeption der Lokaldeixis für das Deutsche ist interdisziplinär angelegt und bewegt sich in und zwischen den Forschungskontexten der Linguistik, Semiotik und Gestenforschung. Weiterführende
Informationen mit Textproben, Videosequenzen und Standbildern finden Sie
unter www.ellenfricke.de .
The book offers a detailed account of English influence on German based on a large scale corpus analysis of the newsmagazine ‘Der Spiegel’. The study is structured into three parts covering fundamental questions and as of yet unsolved and disputed issues in the domain of anglicism research and language contact. Part 1 discusses the terminological uncertainty in the field, puts forward a model of the influence of English on German, and proposes a principled classification of the term anglicism. Part 2 portrays the numerical impact of anglicisms in an extensive corpus and draws general conclusions about the overall quantitative influence of English on German. Part 3 conclusively investigates the integration of anglicisms in German across the various lexical and syntactic paradigms. Particular focus is attributed to the salient morphological features of gender, plural, genitive case, and to verbal and adjectival inflection. Furthermore, word formational processes are substantively analyzed including compounding, derivation, and peripheral types of word formation. A functional classification of written codeswitching concludes part 3, and the book closes with a brief outlook on future challenges of anglicism research. In its breadth and detailed manner of analysis, the study sets the current standards of research in the field.
Für Nachfragen als Teilbereich mündlicher Interrogationen wird eine umfassende theoretische und empirische Analyse geleistet. Im theoretischen Teil werden sprachwissenschaftliche Bereiche diskutiert, in denen sich Beschreibungen von Nachfragen oder speziell auch Echofragen finden (grammatische Analysen, Fragetaxonomien, Pragmatik und Relevanztheorie sowie Konversationsanalyse). Im empirischen Teil werden Nachfragen in einer umfangreichen Datensammlung in Hinblick auf strukturelle Aspekte (Wortstellung, elliptische Konstruktionen), Mittel der Bezugnahme (Fragewörter, Paraphrasierungen, Wiederholungen) sowie Nachfragefunktionen (Verständnissicherung, Signalisierung von Erstaunen, Dissens, Korrekturen etc.) analysiert. Als zentrale Funktionsparameter werden Refokussierung und Frageformat als Komponenten einer Reparaturinitiierung im Sinne der Konversationsanalyse gesehen, welche wiederum als bestimmend für formale Spezifika von Nachfragen angesehen werden kann.
Die Lautgeographie gehört zu den erfolgreichsten Gebieten der klassischen Dialektologie. Zur regionalen Variation der Intonation hingegen liegen bis heute kaum substantielle Ergebnisse vor. Einer der Gründe hierfür dürfte sein, dass für die Identifikation intonatorischer Systeme ganz andere Abstraktionsleistungen erforderlich sind als die, die wir bei der Identifikation eines Lautsystems vollziehen und teilweise bereits im Rahmen des Schrifterwerbs erlernen. Die vorliegende Studie zeigt, dass wir heute aufgrund neuerer Entwicklungen in der Intonationsforschung, insbesondere im Rahmen der Autosegmental-Metrischen Phonologie, in einer besseren Lage sind als je zuvor, um die Forschungslücke, die uns die klassische Dialektologie hinterlassen hat, zu füllen. Zu diesem Zweck werden die Intonationssysteme von sechs städtischen Regionalsprachen des Deutschen miteinander verglichen. Als Datengrundlage dienen natürlichsprachliche Korpora aus den Städten Hamburg, Berlin, Duisburg, Köln, Mannheim und Freiburg. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Untersuchung zählt, dass die von Eduard Sievers zu Beginn des 20. Jahrhunderts angenommene melodische Zweiteilung des deutschen Sprachraums zumindest teilweise bestätigt werden kann. Die Audio-CD-ROM mit einem großen Korpus an Sprachaufnahmen bietet die Möglichkeit des Nachvollzugs aller Thesen dieser Pionierarbeit.
Arbeiten zur Syntax gesprochener Sprache verdeutlichen immer wieder, dass Interagierende sich sowohl bei der Produktion als auch Rezeption von Äußerungen an konstruktionellen Schemata („constructions“) orientieren. Mit dem vorliegenden Sammelband werden systematische Vernetzungsmöglichkeiten zwischen Ansätzen der „Construction Grammar“ und interaktional ausgerichteten Studien zur Grammatik der gesprochenen Sprache aufgezeigt. Die empirischen Analysen widmen sich verfestigten Konstruktionen unterschiedlicher Komplexität in deutschen und englischen Kommunikationssituationen. Statt grammatische Strukturen, ihre Formen und Funktionen kontextlosgelöst zu betrachten, studieren die Beiträger Grammatik im konkreten Interaktionsprozess und beziehen dabei bislang meist ausgesparte Phänomene wie die Prosodie, die Dialogizität und die Prozesshaftigkeit sprachlichen Handelns in die Analyse grammatischer Konstruktionen mit ein.
Herrschaft und Macht werden auch über Semantik ausgeübt. Diese erkenntnisleitende These der einzelnen Untersuchungen fokussiert die sprachliche Konstitution fachlicher Gegenstände. Ein derartiges Erkenntnisinteresse in Bezug auf gesellschaftlich relevante Wissensdomänen zielt auf mehr oder weniger subtile Formen des Dissenses. Ein Dissens wird aber oft in fachkommunikativ konventionalisierten Diskursen für Außenstehende nicht sichtbar ausgetragen, da er sich in Durchsetzungsversuchen spezifischer Begriffsvorstellungen oder bestimmter, vermeintlich synonymer Termini manifestieren kann.
Solche semantischen Kämpfe verlaufen oft heftig. Dabei ist von grundsätzlicher Bedeutung, dass sie den Forschungsgegenstand erst (mit)konstituieren. Sie sind somit notwendige Voraussetzung für das Verstehen wichtiger Forschungsfragen, denn hinter den Begriffen steht ja gemeinhin ein definiertes, methodisch durchorganisiertes Erkenntnisinteresse. Die Durchsetzung spezifischer Fachtermini in der Auseinandersetzung mit sozial-, geistes- und naturwissenschaftlichen Sachverhalten stellt so gesehen den Versuch dar, die Welt zentralperspektivisch als Systemraum von einem spezifischen Blickpunkt aus durchzustrukturieren. Wer es schafft, sich in diesem "semantischen Kampf" durchzusetzen, der prägt die gedankliche Perspektive auf die Sachverhalte entscheidend mit. Die Beiträge des Bandes untersuchen Formen und Funktionen solcher Fachdiskurse in verschiedenen Wissenschaften.
Kommunikation in Organisationen verläuft unter besonderen Bedingungen, die spezifische analytische Zugänge erfordern. Im Zentrum der Studie stehen folgende Fragen: Wie können Besprechungen im Verhältnis zu „ihrer“ Organisation untersucht werden? Wie kann ihre oftmals kritisierte Komplexität erfasst werden? Welche Rolle spielen Entscheidungen dabei? Ausgehend von empirischen Daten, Konversationsanalyse und Systemtheorie wird eine eigene Untersuchungsperspektive auf diese Form der Organisationskommunikation entwickelt.
Das Buch verfolgt drei Fragen: Wie werden die Demonstrativa „dieser, dieses, diese“ und „der, die, das“ im gesprochenen Deutsch verwendet, wie werden diese Demonstrativa durch erwachsene Lerner des Deutschen erworben und wie werden sie in Lehrwerken für Deutsch als Fremdsprache vermittelt? Neben einer Diskussion grammatischer und sprachwissenschaftlicher Beschreibungen werden hierfür erstmals empirische Untersuchungen an umfassenden Korpora gesprochener Sprache vorgelegt, zudem werden auch Lehrwerke als Korpus untersucht. Weiter ist es Anliegen der Arbeit, einen multiperspektivischen Ansatz als Basis für sprachbezogene fremdsprachendidaktische Entscheidungen vorzustellen, in dem funktionale Sprachbeschreibung, Sprachgebrauch und Spracherwerb gleichermaßen Berücksichtigung finden.
In diesem Buch wird der sprachliche Ausdruck von statischen und dynamischen Raumrelationen untersucht. Es werden typologische und variationslinguistische Ansätze integriert, um nicht nur Standardsprachen, sondern auch Dialekte zu vergleichen. Auf empirischer Basis wird nachgewiesen, dass sich auch nahe verwandte Varietäten beträchtlich unterscheiden. Die syntaktische und semantische Feinanalyse der raumbezogenen Präpositionen, Verben, Adverbien und Verbalphrasen führt zu einer Revision der gängigen Typologie. Eine zusätzliche typologische Dimension wird herausgearbeitet, die systematisch mit den vorgefundenen Gebrauchsmustern kovariiert: Die Größe der Sprachgemeinschaft und damit verbunden unterschiedliche Standardisierungsgrade sowie mündliche Geprägtheit der untersuchten Varietäten. Diese zusätzliche Dimension ist für die typologische Einordnung der Varietäten mindestens ebenso wichtig wie ihre genetische Verwandtschaft.
Die Studie vermittelt detailliert, dass Gender nicht losgelöst von anderen Identitätskategorisierungen sprachlich hergestellt wird bzw. in die sprachliche Konstruktion von Gender auch bestimmte Alters-, Sexualitäts-, Schicht- und Racevorstellungen mit einfließen bzw. reproduziert werden. Sie entwickelt auf theoretischer Ebene einen konstruktivistischen Ansatz personaler sprachlicher Benennungen. Es handelt sich um ein linguistisches Grundlagenwerk, das zahlreiche Anschlussmöglichkeiten bietet.
Dieses Buch stellt die Gesprächsanalyse als Methodik zur Erforschung linguistischer Fragestellungen dar. Ihr Ziel ist die umfassende Analyse sprachlicher Phänomene in ihren formalen, funktionalen und kontextuellen Dimensionen. Grundlegende Eigenschaften der verbalen Interaktion werden zunächst auf ihre sprachtheoretischen Konsequenzen befragt. Sodann werden aus ihnen methodologische Prinzipien für die Erhebung und Analyse von Gesprächskorpora entwickelt. Das methodische Vorgehen wird an einer grammatischen und einer semantischen Fragestellung demonstriert. Untersucht werden freie Infinitivkonstruktionen im gesprochenen Deutsch und die Effekte von Kontrastierungsaktivitäten auf die Semantik von Ausdrücken im Gespräch. Theoretische Basis bildet hier die Integration der Gesprächsanalyse mit der construction grammar und der kognitiven Linguistik.
Die Tempora, ihre Bedeutungsvarianten und ihre Oppositionen werden nicht aus invarianten Grundbedeutungen, sondern aus originären zu Grunde liegenden Bedeutungen und im Falle der analytischen Tempora kompositional erklärt. Nach Vorklärungen zu den Parametern der Zeitbestimmung und zur Prototypen- versus Invarianzmethode enthält das Buch Kapitel zum Aspekt im Deutschen, zu den traditionellen sechs Tempora und zu würde + Infinitiv.
Zweck des Sammelbandes ist es, eine Debatte über das Verhältnis zwischen Grammatikalisierungsprozessen und Wortartensystemen zu eröffnen. Im Zentrum steht die Frage, wie sich diachrone Grammatikalisierungsprozesse und synchrone Grammatikalitätshierarchien zur lexikalisch-grammatischen Kategorialisierung des Wortbestandes in natürlichen Sprachen (= Wortartensystemen) verhalten. Während das Wortartensystem üblicherweise bloß als externes Bezugssystem für Grammatikalisierungsprozesse betrachtet wird, wird in den Beiträgen dieses Bandes nach der Grammatikalisierung der Wortarten selbst (in Sprachsystem und Spracherwerb) gefragt.
Die Arbeit analysiert erstmals ausführlich die öffentlichen und wissenschaftlichen Debatten ("metasprachlichen Diskurse") zum Thema Anglizismen im Zeitraum 1990 bis 2001. Sie zeigt dabei auf der Grundlage zahlreicher Verlautbarungen aus den Medien und der Sprachwissenschaft, wo die Gründe für die unterschiedlichen Einschätzungen des Phänomens in Wissenschaft und Öffentlichkeit liegen.
Der Band thematisiert in sechs Abschnitten mit insgesamt 12 Beiträgen den Sprachgebrauch, die kommunikativen Verhaltensweisen und die medienspezifischen Entwicklungen in den zentralen Bereichen der Sprache und Kommunikation im Internet - kurz websprache.net.
In dem Abschnitt "Das Internet als Medium" wird gefragt, wie es sich mit der Medialität des Netzes verhält, ob es ein Massenmedium ist, wie sich das Internet entwickelt hat und wie es sich möglicherweise weiterentwickeln wird. Der Bereich "Kommunikationspraxen" erörtert den Chat als elektronische Plauderei, diskutiert mögliche Veränderungen des Schreibens durch die E-Mail sowie Möglichkeiten und Grenzen des E-Learning. "Redaktionelles im Internet" zeigt den aktuellen Stand von Online-Publishing, E-Zines und Online-Zeitschriften und fragt kritisch nach der Zukunft des Buches. "Literatur und Internet" thematisiert das Begriffsfeld 'Hypertext' insbesondere unter dem Blickwinkel der Textsortenspezifik - wobei der anknüpfende Beitrag zur digitalen Literatur insbesondere produktions- und rezeptionsästhetische Aspekte ins Zentrum des Interesses rückt. "Text und Bild im Fokus" stellt exemplarisch spezifische Text-Bild-Konstellationen im Intenet dar und deckt neue und alte Werbestrategien im Internet auf. "Kommunikationsgemeinschaften" schließlich klärt Zusammenhänge zwischen computervermittelter Kommunikation und virtuellen Gemeinschaften. Der Band gibt neben der Deskription immer auch einen prospektiven Blick für die weitere Entwicklung von Sprache und Kommunikation im Internet und wird unter http://www.mediensprache.net/ umfassend unterstützt.
Der vorliegende Sammelband ist das erste Werk seiner Art, das speziell der Grammatikalisierung im Deutschen gewidmet ist. In 15 Artikeln befassen sich die Autoren mit der Entstehung und dem historischen Wandel von grammatischen Elementen und Konstruktionen im nominalen Bereich, im verbalen Bereich sowie im Bereich zwischen Grammatik und Diskurs. Die Beiträge gehen vom theoretischen und methodologischen Diskussionsstand der internationalen Grammatikalisierungsforschung aus und suchen Antworten auf Fragen bezüglich der Systematik und Interaktion von Sprachwandelprozessen, ihrer funktionalen Motivationen und ihrer kognitiven Einbettung. Das Ergebnis ist ein Kompendium, das nicht nur für Germanisten von Interesse ist, sondern durch seine theoretische und empirische Reichweite auch Wissenschaftler anspricht, die sich für Grammatikalisierungsphänomene im Allgemeinen interessieren.
Der Band enthält u. a. Beiträge von Elisabeth Leiss, Damaris Nübling, John Ole Askedal, Gabriele Diewald, Mechthild Habermann, Peter Auer und Susanne Günthner.
Die Arbeit ist die erste umfassende und theoretisch fundierte Systemanalyse der Getrennt-/Zusammenschreibung (GZS) im Deutschen. Im Rahmen der Optimalitätstheorie wird das Zusammenwirken der Gesetze expliziert, die abhängig von bestimmten grammatischen Faktoren Spatien in der Graphemfolge fordern bzw. verbieten. Besondere Aufmerksamkeit gilt einem zentralen Gesetz, das für Teilglieder morphologisch gebildeter Komplexe Zusammenschreibung verlangt. Wie der Begriff "morphologisch" hierbei zu deuten ist, wird ausführlich diskutiert.
Die Untersuchung wird separat für die GZS vor und nach der Rechtschreibreform durchgeführt (Alt- bzw. Neu-GZS). Als Tertium Comparationis wird anhand der vielen unveränderten Schreibungen ein Kern-System der deutschen GZS ermittelt. Beim Vergleich der Varianten ergibt sich, dass das System der Neu-GZS komplexer ist als das der Alt-GZS und zudem gegen zentrale Grundsätze des Kern-Systems verstößt.
Die Arbeit ist im Bereich der perzeptiven Phonetik angesiedelt und hat die Wahrnehmung von Sprachlauten zum Gegenstand.
Der theoretische Teil beinhaltet einen historischen Überblick über die Geschichte der perzeptiven Phonetik und eine Überarbeitung der Definition des Gegenstandsbereichs der Phonetik. Für die experimentelle Untersuchung wurden Experimente zur kategorialen Wahrnehmung synthetisierter Silben entwickelt und die Ableitung unbewusster Reaktionen des autonomen Nervensystems sowie akustisch evozierter Potenziale mit einbezogen. Insgesamt belegt die Untersuchung, dass die Konstituierung von Sprachlauten auf einer Interaktion von aktueller Verarbeitung und Aktivierung langzeitgespeicherter Repräsentationen beruht und diese in verschiedenen Varianten auftritt. Konkret liefern die Ergebnisse Indizien für die Existenz eines speziellen zentralnervösen Sprachprozessors neben dem allgemein auditorischen Mechanismus, die beide für die Sprachlauterkennung herangezogen werden können.
Während die regionale Variation auf der Ebene der segmentellen Phonetik/Phonologie zu weiten Teilen beschrieben ist, steckt die dialektologische Intonationsforschung noch weitgehend in den Kinderschuhen, obwohl regionalspezifische Intonationsmerkmale sowohl in der Laien- als auch in der Forschermeinung als perzeptiv besonders signifikant gelten. Mit der vorliegenden Untersuchung wird zum ersten Mal eine systematische Analyse der regionalen Intonation in deutschen Regionalsprachen vorgelegt, in der sowohl die Funktion von Intonationsmerkmalen in der Konversation als auch ihre phonetische Form berücksichtigt sind. In einer Kontextanalyse werden für acht regionale Varietäten zunächst die charakteristischen Intonationskonturen für die konversationellen Funktionen 'Abschluss' und 'Weiterverweisung' bestimmt. In einem weiteren Schritt werden dann mit akustisch-phonetischen Methoden die regionalen Variationsmuster zahlreicher Intonationskonturen ermittelt. Durch dieses systematische Vorgehen ist es möglich, vergleichbare Aussagen über die charakteristischen Intonationsmerkmale der einzelnen Regionen zu erhalten. Im Endergebnis können regionale Differenzen auf zwei strukturellen Ebenen festgestellt werden: Zwischen nahezu allen Varietäten lassen sich systematische Unterschiede in der phonetischen Implementierung von Intonationskonturen feststellen. Weiterhin lassen sich tonologische Unterschiede ermitteln, die sich in unterschiedlichen Inventaren von Intonationskonturen und Akzenttönen niederschlagen.
Auf der beiliegenden CD-ROM sind alle besprochenen Gesprächsausschnitte und Tonbeispiele versammelt, wodurch die Analyse an Anschaulichkeit gewinnt.
Eine systematische Beschreibung der Semantik von Konnektoren stellt für Linguisten eine bisher nicht eingelöste Herausforderung dar: Um semantische Klassen wie "kausal", "konzessiv", "temporal" nach objektivierbaren Kriterien zu definieren, zu gliedern und ihr Verhältnis zueinander zu beschreiben, müssen Polysemiephänomene bei Konnektoren berücksichtigt und muss die Interaktion mit der syntaktischen, informationsstrukturellen und intonatorischen Struktur erfasst werden. Sich dieser Aufgabe zu stellen war Ziel eines Kolloquiums am Institut für Deutsche Sprache im Dezember 2002, dessen Ergebnisse in diesem Band versammelt sind. Gemeinsam ist den Beiträgen der Bezug auf das "Handbuch der deutschen Konnektoren", das mit seiner umfassenden Darstellung der Konnektorensyntax einen aktuellen Ausgangspunkt für die Erfassung der Semantik bietet.
Die Beiträge, die wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, gliedern sich in vier Kapitel: In Kapitel A werden aus grammatiktheoretischer, syntaktischer und logischer Sicht Schnittstellen beleuchtet und an Beispielen konkretisiert. Kapitel B widmet sich den temporalen Konnektoren; im Zentrum stehen dabei Mehrdeutigkeiten (etwa von während, bevor, nachdem) und die Herausarbeitung von Parametern, die das Temporalfeld gliedern. In Kapitel C, Kontrastkonnektoren, werden adversative und konzessive Konnektoren, ihre Abgrenzung gegeneinander und zu additiven Konnektoren behandelt und es werden Vorschläge für eine bedeutungsminimalistische Beschreibung von aber-Lesarten gemacht. Kapitel D ist den kausalen Konnektoren gewidmet. Neben einer Revision des Kausalitätsbegriffs stehen hier vor allem Vorschläge zur Neugliederung des Kausalfeldes, etwa durch Einführung einer Klasse, die wesentlich auf der Indikation von Schlussfolgerungen beruht.
Lange Zeit glaubte man in Europa, dass die Sprachen der Arbeitsmigranten, die seit den 60er Jahren aus der Türkei und anderen Ländern nach Mittel- und Nordeuropa kamen, spätestens in der dritten Generation zugunsten der jeweiligen Landessprachen der Einwanderungsländer verschwinden würden. Dieses Buch zeigt hingegen am Beispiel Hamburgs, dass das Türkische heute in den deutschen Großstädten fest etabliert und Bestandteil des kommunikativen Alltags nicht nur türkischstämmiger Bewohner ist. Vielmehr erwerben auch Jugendliche und junge Erwachsene mit deutschem oder drittem Familienhintergrund das Türkische mehr oder weniger fragmentarisch oder vollständig und verwenden es in ihrem Alltag. Das Buch beleuchtet diesen zunächst überraschenden, ungesteuerten Türkischerwerb und -gebrauch von Hamburger Jugendlichen anhand von Tonaufnahmen in authentischen Situationen unter verschiedenen Blickwinkeln. Untersucht werden der Verlauf und die sozialsymbolische Motivation des Erwerbs, die Struktur des erworbenen Türkisch sowie seine Verwendung im Gespräch.
Die Arbeit folgt einem ethnographischen Ansatz innerhalb der Soziolinguistik.
Das Buch etabliert das materielle Bild als Untersuchungsobjekt der Textlinguistik, indem es dessen hohen Stellenwert für die Bedeutungskonstitution in Sprache-Bild-Texten aufzeigt. Antworten auf drei Fragen bestimmen die Konzeption der Studie: Wie funktionieren Bilder als kommunikative Artefakte und als mit Sprache untrennbar verbundene Zeichenmodalität? Welche Arten von Bezügen können zwischen Sprache und Bild im Text aufgebaut werden - wie lassen sich diese theoretisch begründen, systematisieren und textanalytisch handhaben? In welchen Beziehungen zueinander stehen sprachliche (d.h. anschauungsorientierte Formulierungen) und materielle Bilder? Das Buch zeichnet sich neben einer engen Verschränkung theoretischer und praktischer Aspekte v.a. durch die interdisziplinäre Zusammenführung verschiedenster einzelwissenschaftlicher Erkenntnisse zum Bild aus.
Der Band untersucht aus verschiedenen Perspektiven die Genese, Funktionsweise und Wirkung von sprachlich vermittelten gesellschaftlichen Leitbildern. Diese sprachlichen Realisationen von diskursprägenden Denkmustern können linguistisch als Schlüsselwörter oder Metaphern erfasst werden. Die hier vorgelegten Studien untersuchen an einer Fülle von Einzelbeispielen, wie Leitbilder in kompakten, kommunizierbaren und positiv besetzten sprachlichen Formeln verdichtet werden und wie diese Formeln den Bestand an kollektiv geteilten Wert- und Normalitätsvorstellungen festigen und weiterverbreiten. Die allen Beiträgen zugrunde liegende These ist, dass Subjekte die 'objektive' Wirklichkeit durch Versprachlichung, also durch Kommunikation erst 'erschaffen'. Durch die Zusammenführung von Theoremen der Soziologie und der Linguistik erarbeiten die Autoren eine neue Sichtweise im Hinblick auf den Prozess der Leitbildentwicklung und damit des 'Weltentwurfs'. Sie können u. a. zeigen, dass ein gesellschaftliches Leitbild seine größte (unbewusste) Wirkmächtigkeit gerade dann entfaltet, wenn die öffentliche Diskussion über seine Relevanz abgeebbt ist, d.h., wenn sich keine sprachlichen Manifestationen im öffentlichen Diskurs mehr beobachten lassen.
Der Band enthält u. a. Beiträge von Brigitte Aulenbacher, Susan Geideck, Karsten Kassner, Josef Klein, Wolf-Andreas Liebert, Andreas Musolff, Tilla Siegel, Franc Wagner, Petra Wassermann und Martin Wengeler.
Diese Arbeit verknüpft empirische Analysen institutioneller Gespräche mit sprachtheoretischen Fragen. Im Zentrum der Analyse stehen Verfahren, die Interagierende verwenden, um selbst wiederum über Sprache und sprachliche Interaktion zu kommunizieren.
Im theoretischen Teil werden wichtige Entwicklungen im Übergangsbereich zwischen Sprachtheorie und Gesellschaftstheorie übersichtlich und umfassend dargestellt. Dabei wird nachgewiesen, dass die Gesprächsforschung für zentrale gesellschaftliche Prozesse unmittelbar relevant ist. Die Erkenntnisse aus dem Bereich kommunikativer, soziopragmatischer Wirklichkeitserzeugung werden für die praktische Gestaltungsarbeit in Organisationen 'vor Ort' fruchtbar gemacht. Das Problem, vor dem der Berater steht, ist, den in bestimmten Denk- und Einstellungstraditionen sowie Habitualisierungen verharrenden Klienten auf kommunkativem Wege neue Einsichten und Interpretationen und damit neue Handlungs- und Verhaltensmöglichkeiten für seine Alltagspraxis zu vermitteln. Der Autor untersucht mit gesprächsanalytischen Methoden, wie diese Vermittlung anhand sprachreflexiver Thematisierungen und Methoden erfolgt.
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung stehen folgende Fragen:
- Wie setzen Klienten und Berater Sprache ein, um organisatorische Probleme zu lösen? Auf welche kommunikativen Verfahren greifen Berater zurück, wenn sie die Sichtweisen ihrer Klienten sprachlich beeinflussen wollen?
- Welche organisationalen Sachverhalte werden typischerweise zum Thema? Wie werden diese Sachverhalte formuliert und durch Neuformulierungen semantisch umstrukturiert?
- Welche Chancen bringen diese Verfahren mit sich, worin bestehen Risiken und Grenzen des Vorgehens?
Vor dem Hintergrund der sich durch Individualisierung und Privatisierung von Religion und zunehmender Migrationsbewegungen verstärkt wandelnden religiösen Landschaft Deutschlands betrachtet die Studie die bisher seltene Kooperation einer weißen deutschen Landeskirche und einer Schwarzen afrikanischen Migrationsgemeinde.
Die Studie knüpft an die Religionslinguistik und die Sociocultural Linguistics an, um der Bedeutung von Sprache für das Gottesdienstritual einerseits und für Identitätsarbeit andererseits Rechnung zu tragen. Sie verknüpft afrikanistische, soziolinguistische und religionslinguistische Forschung inhaltlich, theoretisch, methodisch. Zudem wird auf Erkenntnisse aus Religionswissenschaft, (Religions-)Soziologie, Philosophie, Ethnologie und Theologie zurückgegriffen.
Es wird untersucht, wie sich die aufgrund der Diversität der Gemeinde divergierenden Erwartungen und Präferenzen an das Ritual äußern und welche Identitätsaspekte von den Beteiligten (re-)produziert und bearbeitet werden. Die Analyse veranschaulicht, wie der deutsch-afrikanische Gottesdienst die Teilnehmenden auf religiöser, sozialer und kultureller Ebene in einem gemeinsamen Raum zusammenbringt und somit Gemeinschaft in Diversität (und vice versa) ermöglicht.
„Richtig schreiben“ ist ein Ziel der fachspezifischen Bildungsstandards für die Primarstufe. Die sprachdidaktischen Wege zum Ziel sind nicht nur Gegenstand der Forschung, sondern auch Thema in der sozial-medialen Öffentlichkeit. Dieses Buch untersucht die im öffentlichen Diskurs verborgen liegenden Narrative und Mythen um den ‚Verfall der Rechtschreibkompetenz‘ und stellt diesen eine fachwissenschaftliche Perspektive gegenüber.